Maduro hofft auf »gigantischen Sprung«

Venezuelas Regierung startet ökonomische Reforminitiative und beschuldigt Opposition der Destabilisierung

  • Harald Neuber
  • Lesedauer: 3 Min.
Venezuelas Wirtschaft steckt in einer tiefen Krise. Mit einer politischen Offensive will Präsident Maduro die Lage stabilisieren.

Inmitten einer wirtschaftspolitischen Reforminitiative der venezolanischen Regierung hat der Internationale Währungsfonds (IWF) die Spekulationen über schwere Probleme in der Ökonomie des südamerikanischen Erdölstaates angeheizt. IWF-Chefin Christine Lagarde prognostizierte der Regierung von Präsident Nicolás Maduro in naher Zukunft »schwere wirtschaftspolitische Probleme«. Als Grund dafür gab die Ökonomin in einem Interview mit dem spanischen Programm des US-Senders CNN an, dass Venezuelas Liquiditätsreserven knapp würden. Zugleich gab Lagarde zu, dass der IWF über keine aktuellen Daten zum Zustand der venezolanischen Wirtschaft verfügt.

So brachten die Einlassungen der IWF-Chefin nichts wirklich Neues: Die Inflation stieg 2012 nach Angaben der venezolanischen Zentralbank auf 54 Prozent, die Lücke bei der Versorgung mit Produkten des täglichen Grundbedarfs lag bei 20 Prozent. Das Hauptproblem aber bleibt die Überbewertung des Bolívars, der nationalen Währung. Auf dem Schwarzmarkt wird der reglementierte US-Dollar zum Siebenfachen des offiziellen Wechselkurses gehandelt. Devisenspekulationen sind im bolivarischen Venezuela damit zu einem einträglichen Geschäfte geworden, gegen das der Staat zunehmend vorgehen muss. Auf der anderen Seite haben in den vergangenen Monaten immer wieder Berichte über Lebensmittelknappheit die Runde gemacht. Mal war Milch nicht zu haben, mal Toilettenpapier.

Maduro will die teils geerbten und teils selbst verschuldeten Probleme der Erdölökonomie mit einer politischen und wirtschaftlichen Offensive in den Griff bekommen. In erster Linie müsse die Bevölkerung vor der »Spekulation der Bourgeoisie geschützt« werden, sagte er in einer Grundsatzrede. Mit umfassenden Reformen solle »ein gigantischer Sprung« in der nationalen Produktion erreicht werden, fügte Maduro nach einem Bericht des deutschsprachigen Lateinamerika-Portals amerika21.de hinzu. »Volkskomitees zur Verteidigung der Wirtschaft« sollten in den »Kampf gegen den Wirtschaftskrieg« einbezogen werden.

Die notwendige Macht soll Maduro ein Gesetz geben, das die sozialistische Mehrheit am Donnerstag in erster Lesung billigte. Es soll den Präsidenten zum Erlass von Dekreten mit Gesetzeskraft ermächtigen. Endgültig wird über das sogenannte Ley Habilitante möglicherweise schon heute entschieden.

Neben den tatsächlichen Problemen der venezolanischen Wirtschaft beschuldigt die sozialistische Regierung ihre Gegner jedoch, die Verwerfungen künstlich zu verstärken. Vor allem prangert Maduro die mutmaßliche Hortung von Waren an. Dies geschehe mit dem Ziel, die wirtschaftliche Lage zu verschärfen und den Unmut in der Bevölkerung zu schüren. Diese Stimmung könnte sich schon bald politisch niederschlagen: In knapp einem Monat stehen Kommunalwahlen an. Der spanisch-französische Publizist Ignacio Ramonet warnte vor diesem Hintergrund vor einem neuerlichen Putschversuch in Venezuela nach einem ersten Anlauf vor zehn Jahren. Er habe bei seiner Rückkehr nach Venezuela sechs Monate nach dem Tod des ehemaligen Präsidenten Hugo Chávez eine »sehr angespannte Situation« vorgefunden, sagte er der dpa.

Der US-Ökonom und Venezuela-Kenner Mark Weisbrot trat indes den Darstellungen von einem nahen Zusammenbruch des südamerikanischen Landes entgegen: 2012 habe Venezuela 93,6 Milliarden US-Dollar Einkommen aus Erdölverkäufen erzielt, schrieb er auf amerika21.de. Dem gegenüber stünden Importe auf einem historisch hohen Niveau von 59,3 Milliarden US-Dollar.

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