Wasser statt Sekt

Freie Mitarbeiter des Goethe-Instituts protestieren gegen prekäre Beschäftigung

  • Malene Gürgen
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit einer kreativen Protestaktion fordern Beschäftigte und die GEW vor dem Berliner Sitz des Goethe-Instituts Verhandlungen über ihre Arbeitsbedingungen ein.

»Unser Ruf ist der Beste, unser Jahresumsatz ist gestiegen«, singt eine Gruppe von etwa 15 Personen auf dem Bürgersteig vor dem Goethe-Institut in Mitte, begleitet von einem Akkordeonspieler. Außerdem wird aus Sektgläsern getrunken, in denen allerdings nur Mineralwasser ist. Die Stimmung ist trotzdem prächtig. Voller Einsatz werden die Vorzüge des renommierten Instituts besungen - und der Haken an der Sache: »Krankenversicherung? Nicht mit uns! Rentenversicherung? Nicht mit uns!« geht der Text des Liedes weiter. Dann kippt die Akkordeonmusik ins Dramatische, und plötzlich springen aus einem auf dem Bürgersteig aufgebauten Riesen-Geschenkkarton Menschen mit Krücken und Verbänden, die sofort beginnen, die umstehenden Passanten anzubetteln. Schilder hängen ihnen um den Hals, auf denen »Bandscheibenvorfall? Das war's« steht oder »Stimme weg? Geld weg«. Herzzerreißend traurig ist nun die Musik.

Mit der Aktion wollen die beim Goethe-Institut angestellten freien Beschäftigten und Honorarkräfte, unterstützt von der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), auf ihre Situation aufmerksam machen und das Institut auffordern, mit ihnen in Verhandlung zu treten. »Da kommt bisher nichts. Aber so langsam merken die, dass es brodelt«, sagt Brigitta Acherbach, die selbst als Honorarkraft am Institut unterrichtet. »Wir werden für die gleiche Arbeit schlechter bezahlt als die fest angestellten Kräfte und haben keinerlei Sicherheit im Krankheitsfall.« Um eine Festanstellung ginge es ihr und ihren Kollegen ja gar nicht, sagt sie, aber die Rahmenbedingungen ihrer Arbeit müssten sich ändern. Denn Renten- oder Krankenversicherung, Lohnfortzahlungen bei Krankheit, bezahlten Urlaub oder auch nur einen Platz im Lehrerzimmer - all das gibt es für die freien Mitarbeiter nicht. Eine verlässliche Perspektive ebenso wenig: »Wir werden für jeden Kurs neu angestellt«, sagt Achenbach. Wer bei der kurzfristig erfolgenden Kursvergabe einmal leer ausgeht, was vorkommen kann, hat dann eben Pech gehabt. Das Institut rate ihnen, mehrgleisig zu fahren und zusätzlich woanders zu arbeiten, sagt Achenbach. »Aber wenn ich einen anderen Job annehme, bin ich ja hier nicht mehr so verfügbar und flexibel, wie ich für das Institut sein muss«, berichtet sie von dem Dilemma, in dem viele hier stecken.

Die freien Mitarbeiter und Honorarkräfte führen indes keinen Minderheitenkampf: Nur 20 Prozent der Kurse am Goethe-Institut werden von Festangestellten gegeben. Und die Beteiligung am Protest ist groß: »Hier in Berlin haben wir 35 freie Mitarbeiter, von denen sich fast alle beteiligen«, so Achenbach. Auch fest angestellte Lehrkräfte unterstützen den Protest, der bereits seit Juli deutschlandweit an den verschiedenen Standorten des Instituts organisiert wird. Armin Göbels etwa ist heute ebenfalls zu der Aktion gekommen und zeigt sich solidarisch mit seinen Kollegen. »Die Situation ist auch deswegen untragbar, weil sie Spannungen ins ganze Institut bringt«, sagt der Mitarbeiter, der einen festen Arbeitsvertrag hat. Viele Festangestellte stünden unter einem »ständigen Legitimationsdruck« gegenüber den Kollegen, die für die gleiche Arbeit weniger Geld und Leistungen bekommen. »Das ist für niemanden gut«, sagt Göbels.

Seit fast einem Jahr versucht die GEW, den Vorstand des Instituts an den Verhandlungstisch zu bringen - bisher ohne Erfolg. Ihre Hoffnung ruht nun auf einer bundesweiten Mitgliederversammlung in drei Tagen: Die Mitglieder sollen die Forderungen aufgreifen und an den Vorstand weitergeben, fordert GEW-Vorstandsmitglied Andreas Gehrke. Wenn das klappt, gibt's wohl auch richtigen Sekt.

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