Ein Haushalt mit schwarzer Null

Koalition will Schulden tilgen, Zukunftsfelder fördern und die Innere Sicherheit stärken

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Fraktionen von SPD und CDU haben sich auf den Doppelhaushalt 2014/2015 geeinigt. Jede Partei hat eigene Schwerpunkte heraushandeln können. Die Opposition sieht dagegen Taschenspielertricks.

Der nächste Schritt zum Doppelhaushalt 2014/2015 für das Land Berlin ist vollbracht. Am Mittwoch stellten der SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh und sein Pendant von der CDU, Florian Graf, die Ergebnisse ihrer Verhandlungen zum Haushaltsentwurf von Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) vor, die die Fraktionschefs in einer »langen Sitzung« in der Nacht zu Montag erzielt hatten. Jetzt ist es am Abgeordnetenhaus, den Haushalt in der Parlamentssitzung am 12. Dezember endgültig zu beschließen.

Die Fraktionschefs der Regierungskoalition zeigten sich am Mittwoch sichtlich zufrieden. »Die Große Koalition steht für stabile Finanzen«, betonte Saleh. Florian Graf verwies darauf, dass seit Beginn dieser Koalition »kein Euro neuer Schulden« aufgenommen werden musste. Ursprünglich hatte Finanzsenator Ulrich Nußbaum vorgesehen, erst ab 2015 ohne neue Schulden auskommen zu wollen.

Haushaltsbeschlüsse der Koalition

Bezirke: Die zwölf Bezirke erhalten 80 Millionen Euro mehr im Jahr - unter anderem für Musikschulen, Kita- und Schulsanierung sowie die Schlaglochbeseitigung.

Innere Sicherheit: Zu 160 neuen Stellen und Ausbildungsplätzen für Polizei, Feuerwehr und Landeskriminalamt kommen 65 weiter Stellen im vollzugsnahen Dienst und 65 »Azubistellen«. 28 neue Staatsanwälte sollen die Strafverfolgung verstärken.

Bildung: Das Brennpunktschulprogramm wird finanziert und die bedrohten Schulsozialarbeiterstellen bleiben erhalten. Die Einsteinstiftung erhält sieben Millionen Euro mehr als bislang vorgesehen. Hochschulen und Kitas bekommen insgesamt sieben Prozent mehr Geld als bisher. nd/mkr

 

Sowohl Saleh als auch Graf mussten allerdings auch einräumen, dass Rot-Schwarz durch die gute wirtschaftliche Lage begünstigt ist. Ob das historisch niedrige Zinsniveau so bleibt, ist indes fraglich. Fest steht dagegen, dass die Bundeszuschüsse aus dem Solidarpakt und dem Länderfinanzausgleich für das Land Berlin in den kommenden Jahren zurückgehen werden. Unklar ist zudem, was das Flughafendesaster das Land Berlin am Ende kosten wird.

Medienberichte, dass SPD und CDU in den Haushaltsverhandlungen rund 130 Millionen Euro der Überschüsse von jährlich 400 Millionen Euro für den BER bunkern wollen, wiesen Saleh und Graf am Mittwoch überraschend zurück. »Wir geben das gesamte Geld in die Schuldentilgung«, hieß es unisono. Nachfragen zum Finanzmoloch BER, dessen Kosten auf inzwischen weit über fünf Milliarden Euro geschätzt werden, bügelten die Fraktionschefs mit dem Verweis auf das noch nicht abgeschlossene Haushaltsjahr und noch nicht abgerufene, aber bereits bewilligte Mittel von 350 Millionen Euro für den Großflughafen BER ab.

Viel lieber als über das Milliardengrab in Schönefeld wollten Saleh und Graf über eigene Schwerpunkte reden, die durch Umschichtungen innerhalb des Haushalts und Mehreinnahmen möglich werden. Für beide Seiten fallen da politische Projekte ab, die im Wahlkampf 2016 bestimmt gut gebracht werden können. Für die SPD heißt das beispielsweise, dass sie sich weiter als die Partei der »Rekommunalisierung« profilieren kann: Für das neue Stadtwerk konnte Saleh der CDU vier Millionen Euro mehr abtrotzen. Statt 1,5 Millionen gibt es dafür jetzt 5,5 Millionen Euro im Jahr. Außerdem sollen die Wasserpreise ab 2014 um die vom Bundeskartellamt geforderten 15 Prozent aufs Trinkwasser gesenkt werden. Die Botschaft: Rekommunalisierung lohnt sich.

Die CDU dagegen darf sich als Garant der Inneren Sicherheit präsentieren. So wurde in den Gesprächen vereinbart, den Personalabbau bei der Polizei zu stoppen. Beim besonders belasteten Objektschutz beispielsweise werden 71 freie Stellen besetzt, außerdem kommen jedes Jahr 65 Objektschützer zusätzlich hinzu.

Für die Opposition sind die Beschlüsse von Rot-Schwarz nicht schlüssig. »Das ist linke Tasche, rechte Tasche«, kritisiert die haushaltspolitische Sprecherin der LINKEN, Manuela Schmidt. Zwar werde der Landeshaushalt insgesamt ein bisschen entschuldet, zugleich würden aber die landeseigenen Wohnungsgesellschaften belastet. Denn die 320 Millionen Euro der rot-schwarzen Koalition für den Wohnungsneubau erwiesen sich bei näherer Betrachtung als Kredite, so Schmidt. Damit nicht Gelder einfach irgendwo gebunkert werden, will die LINKE am Donnerstag einen Antrag für einen Nachtragshaushalt ins Abgeordnetenhaus einbringen.

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