Studium des »sowjetischen Rechts«
»Leben oder Schreiben« - Warlam Schalamow in einem erschütternden Buch und einer Berliner Ausstellung
Am schlimmsten sind immer die Augen. Die Augen der Toten, wenn sie im Leben fotografiert wurden. Warlam Schalamows Augen blicken, als seien sie in Schulen gegangen, in denen das Glaubenkönnen abgeschafft wurde. Das Glaubenkönnen daran, dass die Dinge gut ausgehen. Das Leben also. Auf Fotos des jüngeren Schalamow wehrt sich das Glaubenkönnen noch. Es ist ein von lächelnder Skepsis angewehtes Glaubenwollen: Das alles darf nicht wahr sein! Ist aber. Also blickt er später in die Kamera, als sei die schon eine Waffenmündung. Auf den Fotos des alten, gegerbten Dichters - ähnelnd einem Lear auf der Heide, die man in Schalamows Welt Gulag nannte - ziehen sich die Augen in dunkle Höhlen zurück: Wer zu viel gesehen hat, schaut nach innen, in jene Leere, in der man am längsten beheimatet war.
»Leben oder Schreiben - Der Erzähler Warlam Schalamow« heißt die Biografie von Wilfried F. Schoeller. Schalamow ist der literarische Kolumbus von K...
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