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Streikbesuch in Hamburg

Call-Center-Agents von Madsack wollen mehr Geld

  • Reinhard Schwarz
  • Lesedauer: 3 Min.

Für eine Handvoll Euro mehr: Streikende des zum Madsack-Medienkonzern gehörenden Call-Centers fuhren gestern nach Hamburg, um dort vor dem Firmensitz der Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft mbH (ddvg) zu demonstrieren.

Eine Windböe fegt wie eine Faust durch die Deichstraße in Hamburgs Altstadt. Rund 25 Streikende aus Hannover haben sich vor einem unscheinbaren Haus in dieser historischen Ecke der Hansestadt versammelt. Bei den Demonstranten handelt es sich um streikende Mitarbeiter des Kunden-Service-Centers (KSC) der Madsack-Gruppe. Seit rund 50 Tagen befinden sich rund 28 der etwa 80 Mitarbeiter im Ausstand. Sie fordern höhere Löhne und eine Tarifvertrag. Hier, in der Deichstraße, residiert die ddvg der SPD, die mit 23,1 Prozent am Madsack-Medienkonzern beteiligt ist. Die Demonstranten, denen das Sturmtief »Xaver« um die Ohren pfeift, sorgen mit Trillerpfeifen und Rasseln für zusätzlichen Lärm. Von der Geschäftsleitung lässt sich niemand blicken. Schließlich zwingt Xaver zum Abbruch der Aktion, eine kleine Abordnung betritt das Haus der ddvg.

»Ich streike, weil ich einen Inflationsausgleich haben möchte, um später einmal eine ausreichende Rente zu bekommen«, sagt Caro. Die 43-Jährige arbeitet seit zwölf Jahren bei dem Call-Center. Seit 13 Jahren habe es keine Anhebung der Löhne gegeben, während die Arbeit immer weiter zugenommen habe. »Ich gehöre zu den wenigen, die 40 Stunden die Woche arbeiten, meine letzte Meldung zur zukünftigen Rente lag bei 788 Euro«, so die 43-Jährige. Die meisten arbeiten nur 30 Stunden die Woche in dem Call-Center.

Erst nach einer Anfrage von ver.di habe sich Madsack in diesem Jahr zu einer geringfügigen Anhebung der Löhne durchgerungen. Caro: »Während der Probezeit gibt es 8,50 Euro die Stunde, danach 9,20 Euro.« Die Call-Center-Angestellte bekommt nunmehr 10,20 Euro pro Stunde, vorher waren es 9,20 Euro. »Aber die Erhöhung gibt es nur für die Mitarbeiter, die länger als fünf Jahre dabei sind.« Weil viele nur Zeitverträge haben, beteiligen sie sich nicht am Streik, sie fürchten Repressalien.

Die Madsack-Spitze verweigert Gespräche, droht vielmehr mit Outsourcing. In anderen Call-Centern werde wesentlich weniger gezahlt, so die Konzernführung. Der SPD-nahe Madsack-Konzern ist an zahlreichen Zeitungen, Verlagen, Agenturen und Dienstleistungsunternehmen beteiligt. Eine davon ist die KSC am Standort Hannover. »Die sozialdemokratische Unternehmensführung hält sich in diesem Fall nicht an die von ihr selbst geforderten tarifpolitischen Praktiken«, kritisiert die Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Kersten Artus (LINKE).

Jens Berendsen, einer der beiden ddvg-Geschäftsführer, erklärt in einem Schreiben an die Streikenden: »Diese neue Wirklichkeit mit sinkenden Auflagen und sinkenden Anzeigenerlösen begrenzt die Spielräume der Verlage bei Personal- und Sachkosten in einer Art und Weise, wie wir sie vorher nicht gekannt haben.« Im Klartext: Eine Erhöhung der kargen Bezüge ist nicht drin.

Pikant: Im Geschäftsbericht 2012 der ddvg werden in der »Ahnengalerie« nicht nur die SPD-Mitgründer Wilhelm Liebknecht und August Bebel im Bild aufgeführt, sondern auch die späteren KPD-Führungspersönlichkeiten Franz Mehring und Clara Zetkin - ohne allerdings auf deren Bruch mit der Sozialdemokratie hinzuweisen. Tradition verpflichtet - offenbar zu nichts.

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