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Rot-Rot und Rote Hilfe - Einigkeit und Differenz
Kerstin Kaiser über die Extremismusthese und den Verfassungsschutz
Wegen der Rote-Hilfe-Mitgliedschaft eines Nachrückers in der Linksfraktion wird Rot-Rot nicht auseinander fliegen (nd vom 4.12.). Diese Nachricht - neun Monate vor der regulären Landtagswahl in Brandenburg - wird niemanden überrascht haben. Auch nicht der Kommentar des SPD-Fraktionsvorsitzenden Klaus Ness, dass die SPD die »Rote Hilfe« nicht unterstützt. Die CDU mit ihrem Missbilligungsantrag im Landtagspräsidium wurde scharf abgewiesen.
Das schwarze Flügelschlagen wird verrauschen. Schwarz auf Weiß aber wird demnächst im Protokoll der Landtagssitzung Innenminister Holzschuhers Antwort auf die CDU-Anfrage erscheinen, welche als Stein des Anstoßes diente. Und über diese Antwort muss man genauer nachzudenken. Leider, wie ich finde.
Brandenburgs neuer Innenminister schreibt darin der Roten Hilfe im »linken« Spektrum eine Scharnierfunktion zu. Sie würde eine Brücke schlagen »hin zu den inhaftierten Linksextremisten, die Straftaten begangen haben, so dass diese auch nach ihrer Haft nahtlos an ihre früheren politischen Aktivitäten anknüpfen können«. Der Innenminister meint nicht nur, dass die Organisation bei ihren Mitgliedern ein Gefühl ständiger staatlicher Überwachung und Repression erwecke. Nein, ihr Gefahrenpotenzial bestünde darin, dass die systematische Verachtung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung auf fruchtbaren Boden fallen könnte. Soweit Holzschuher. Die notwendig knappe Antwort auf eine mündliche Anfrage wäre vielleicht nicht auf die Goldwaage zu legen, würde der SPD-Minister - erstens - hier nicht einfach die Position seines Amtsvorgängers Woidke aus dem märkischen Verfassungsschutzbericht von 2012 wiederholen und hätte er - zweitens - auch das Wort Linksextremisten so wie »links« in Anführungsstriche gesetzt. Bekanntermaßen wird an Verfassungsschutzberichten bundesweit immer wieder Kritik geübt. Die mit der Nennung in den Berichten verbundene öffentliche Diskriminierung ist ausdrücklich erwünscht und es sind nicht wenige Vereine und Initiativen, wie zum Beispiel das Bündnis »Brandenburg Nazifrei«, schon in Schwierigkeiten gekommen.
Uns als LINKEN darf es nicht egal sein, dass der umstrittene Extremismusbegriff wie selbstverständlich der Innenpolitik unserer Landesregierung zugrunde liegt. Der »Extremograph Brandenburg 2013« bringt dies auf einen Punkt, der Widerspruch provozieren muss. Wer nur kam auf die unglaubliche Idee, NPD- und Neonazistrukturen auf einer Landkarte nebeneinander abzubilden mit den Initiativen, die faschistischen Ideen und deren Propaganda radikal entgegentreten, unter ihnen die Gruppen der Roten Hilfe? Diese Art visueller Gleichsetzung der »Extremisten von rechts und links« wird sich der nicht gerade als Reformer bekannte neue Verfassungsschutzchef Carlo Weber ja nicht ganz allein ausgedacht haben?
Die umstrittene »Extremismusklausel« der alten Bundesregierung wird übrigens mit dem neuen CDU-SPD-Koalitionsvertrag einfach wortlos verlängert, wortreich dagegen wird im Abschnitt »Kriminalität und Terrorismus« versprochen, die Extremismusprävention zu »bündeln« und zu »optimieren«. Und mit ihr die staatliche Bevormundung von Initiativen gegen Nationalismus, Rassismus und Neofaschismus.
Die LINKE in Brandenburg kann nicht wollen, das dies alles einfach so passiert. Wir haben uns kürzlich auf dem Parteitag in Eberswalde verpflichtet, - nicht zuletzt als Konsequenz aus dem NSU-Skandal - gesetzliche Aufgaben und Praxis des Verfassungsschutzes im Land offensiv zu diskutieren, um Schlussfolgerungen und Vorschläge für die nächste Wahlperiode auf den Tisch zu legen. Der Verzicht auf die Extremismusthese als Staatsdoktrin könnte eine sein.
CDU-Angriffe gegen einen ihrer Abgeordneten wegen seiner Mitgliedschaft in der Roten Hilfe abzuwehren ist für die LINKE in Brandenburg selbstverständlich, als bloßer Reflex aber nicht ausreichend. Diese Solidarität kann politisch nur glaubwürdig und nachhaltig wirken, wenn wir den politischen Hintergrund dieser Angriffe ausleuchten. Dass wir die Rolle des Verfassungsschutzes als Geheimdienst ebenso die V-Leute-Praxis und »Extremismusthese« in Bund und Ländern kritisch sehen und Änderungen anstreben, dürfte in Brandenburg niemanden überraschen und schon gar nicht Rot-Rot in Gefahr bringen.
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