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Mit zwei Paar Socken passen die Schuhe
Der neue Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) ist heute 100 Tage im Amt
»Das sind sehr, sehr große Schuhe, in die ich da trete.« Es klang fast ehrfürchtig, als Dietmar Woidke (SPD) das Amt des Ministerpräsidenten annahm. Sein Vorgänger Matthias Platzeck (SPD) war aus gesundheitlichen Gründen nach elf Jahren zurückgetreten. Der 52-jährige Woidke wurde am 28. August als Regierungschef gewählt - mit vier Stimmen mehr, als Rot-Rot im Landtag zusammenbringt. Am 6. Dezember ist Woidke 100 Tage Ministerpräsident. Ist er seitdem in die Schuhe seines Vorgängers hineingewachsen?
CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski schätzt ein: »Ministerpräsident Dietmar Woidke ist hinter den eigenen Ansprüchen zurückgeblieben.« FDP-Fraktionschef Andreas Büttner meint: »Ich erwarte nichts von ihm bis zur Landtagswahl im kommenden Jahr.« Grünen-Fraktionschef Axel Vogel empfiehlt eine Verlängerung der Schonfrist um weitere 100 Tage. »Denn bislang ist er noch kaum in Erscheinung getreten.«
In der eigenen Partei kommt Woidke dagegen gut an. »Ich finde gut, dass er dem Volk aufs Maul schaut und geradlinig denkt und spricht«, sagt Gabriele Lenz aus dem SPD-Unterbezirk Havelland. »Er zeigt den Brandenburgern, er ist einer von uns«, meint die Landtagsabgeordnete Barbara Hackenschmidt aus Elbe-Elster. Der Familienvater, der aus einem Dorf in der Lausitz kommt, wirkt auf den ersten Blick spröde. Er hat aber Humor und kann auf Menschen zugehen. Anspannung in Gesprächen ist kaum zu spüren. Er gibt sich locker, ist aber hochkonzentriert. Woidke übernahm von Platzeck auch die Funktion des SPD-Landesvorsitzenden. Bei der Bundestagwahl am 22. September erhielt der erfolgsverwöhnte SPD-Landesverband gleich einen Dämpfer. Nur ein Direktmandat konnte verteidigt werden. Doch eine gestern in der »Märkischen Oderzeitung« veröffentlichte Umfrage von Infratest dimap sieht die SPD wieder vorn, und es würde demnach auch für eine Fortsetzung der rot-roten Koalition reichen. Landtagswahl ist am 14. September.
Zum Sieg verhalfen der SPD in der Vergangenheit nicht zuletzt die Beliebtheit der Ministerpräsidenten Manfred Stolpe und Matthias Platzeck. An Platzecks Bekanntheitsgrad und an seine Beliebtheitswerte reicht Woidke noch lange nicht heran. Er hat aber aufgeholt. 51 Prozent der Brandenburger sind laut Umfrage jetzt mit ihm zufrieden. Im Mai waren es erst 28 Prozent. Bei einer Direktwahl des Ministerpräsidenten würden 55 Prozent der Brandenburger für Woidke stimmen, sieben Prozent für den CDU-Spitzenkandidaten Michael Schierack und sechs Prozent für den designierten LINKE-Spitzenkandidaten Christian Görke. Auch 59 Prozent der LINKE-Anhänger und 50 Prozent der CDU-Anhänger würden sich für Woidke entscheiden, bloß zehn Prozent der LINKE-Anhänger für Görke und nur 16 Prozent der CDU-Anhänger für Schierack.
Matthias Platzeck mischt sich in Woidkes Entscheidungen nicht ein. Der passionierte Jogger Woidke weiß, wie man Abhilfe schafft, wenn Sportschuhe zu groß sind: Ein zweites Paar Socken kann helfen. nd/dpa
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