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Geschenke mit Haken

Sachsen-Anhalt übernahm nur ausgewählte russische Militärareale - dort läuft es meist gut

  • Rochus Görgen, Magdeburg
  • Lesedauer: 4 Min.
Topadressen oder Leerstand auf dem Acker: Die zahlreichen Immobilien der vor rund 20 Jahre abgezogenen russischen Armee haben in Sachsen-Anhalt sehr unterschiedliche Verwendung gefunden.

Kasernen, Büros und Wohnungen: Vor knapp 20 Jahren zogen die letzten russischen Soldaten aus Sachsen-Anhalt ab und gaben unzählige Immobilien auf. Das Land ist heute froh, viele der Gebäude nicht einmal als Geschenk vom Bund angenommen zu haben. In vielen Kommunen gibt es aber auch Vorzeigeprojekte: Aus früheren Militäranlagen wurden schicke Wohnviertel.

Mit dem Abzug aus Ostdeutschland verließen nach den damaligen Angaben der russischen Militärs bis August 1994 rund 136 000 Menschen Sachsen-Anhalt, darunter rund 92 000 Soldaten. Rechtsnachfolger für die verlassenen Immobilien wurde der Bund. In Sachsen-Anhalt übernahm er 85 000 Hektar von den Streitkräften - das waren rund 4,2 Prozent der gesamten Landesfläche, sagt Max Stumpf. Er ist heute in der Magdeburger Hauptstelle der Bundesanstalt für Immobilien für den Verkauf noch verbliebener Flächen zuständig.

»Der weit überwiegende Teil wurde verwertet«, sagt Stumpf. Ein großer Abnehmer war die Bundeswehr, die etwa den Übungsplatz Altmark übernahm. Mehrere 100 Millionen Euro steckte der Bund in die Altlastensanierung, Munitionsbergung oder den Abriss. Doch einige Immobilien sind bis heute noch zu haben. Glück hatte der Bund zuletzt mit der Kaserne in Hillersleben in der Börde. Die seit rund 20 Jahren leer stehenden und mit Äckern umgebenen Kasernen wurden zum Teil an einen Investor verkauft, der eine Photovoltaik-Anlage errichten will. Laut Landkreis gingen fast 160 000 Quadratmeter weg.

Der Bund wollte die Flächen der russischen Truppen in den 1990er Jahren komplett den Ländern schenken, doch Sachsen-Anhalt griff im Gegensatz zu Sachsen oder Thüringen nicht zu. »Sachsen-Anhalt hat dieses Geschenk dankend abgelehnt«, erinnert sich Detlef Markau, heute Ministerialrat im Finanzministerium des Landes. Die Flächen seien zu schlecht zu vermarkten gewesen, die Sanierung zu teuer. Stattdessen habe das Land nur einzelne Grundstücke gekauft, die nutzbar waren. »Wir haben die Liegenschaften vom Bund erworben, die wir benötigten.«

Gute Erfahrungen mit den ehemals russischen Immobilien hat der Landkreis Stendal gemacht. »Stendal war überfüllt mit Einrichtungen der Roten Armee«, sagt Sprecher Edgar Kraul. Bis zu 10 000 russische Soldaten seien in der Region stationiert gewesen. Heute sei der frühere Militärflughafen ein leistungsfähiger Verkehrslandeplatz geworden, die einstige Husaren-Kaserne wurde Verwaltungssitz mit einem Justizzentrum. Und wo einst Offiziere lebten, steht inzwischen ein Villenviertel. »Heute ist es das wohl attraktivste Wohngebiet im Zentrum der Hansestadt«, sagt Kraul.

In Merseburg haben sich die früheren militärischen Liegenschaften nach Angaben der Stadt mit Hilfe der Förderprogramme von Land, Bund und EU hervorragend entwickelt. »Nach dem Rückbau militärischer Anlagen entstanden attraktive Wohngebiete mit Eigenheimsiedlungen und voll sanierten Wohnhäusern«, sagt Sprecherin Elke Benne. Einer der beliebtesten Wohnstandorte Merseburgs sei das Fliegerstädtchen. »Das Fliegerstädtchen ist beispielhaft für ein Mix von Sanierung älterer Gebäude und Errichtung von Eigenheimen.«

Das vermutlich bekannteste ehemalige russische Militärgebiet in Sachsen-Anhalt ist der Bocken. »Der Brocken kann sicherlich als ein besonderes und gelungenes Beispiel für eine gute Weiternutzung der ehemaligen Militärflächen gesehen werden«, sagt der Sprecher des Landkreises Harz, Manuel Slawig. Im Mai 1991 begann der Abriss der Brockenmauer, heute ist der früher streng abgeschirmte höchste Berg Norddeutschlands ein beliebtes Touristenziel.

Auch der Flughafen Cochstedt im Salzlandkreis aus dem Jahr 1957 war einst Militärgebiet. Die öffentliche Hand investierte nach der Wende in den Ausbau. Doch genügend Fluggäste gab es nicht, das Gelände wurde dann einem privaten Investor verkauft. »Nach anfänglichen Schwierigkeiten bei der Belebung des Gebietes ist seit Beginn des Flugbetriebes am 30. März 2011 eine stetige Entwicklung zu erkennen«, heißt es in der Pressestelle des Landkreises. Nicht weitergenutzt wurde im Kreis dagegen die Garnison Bernburg. Sie wurde 1997/98 abgerissen, künftig sollen auf den Flächen Wohnungen und Photovoltaik-Anlagen errichtet werden.

Auch in der Landeshauptstadt Magdeburg konnten viele der ehemals russischen Flächen gut in die Stadtlandschaft eingefügt werden. Stadtsprecher Michael Reif nennt als Beispiel den Elbauenpark mit angrenzendem Messegelände und Bürogebäuden. Im Rahmen einer Bundesgartenschau wurde das Gelände renaturiert und zu einem der zentralen Erholungsgebiete der Landeshauptstadt. Zudem konnten in Magdeburg mehrere Ministerien Gebäude übernehmen, in denen einst die russischen Militärs das Kommando hatten. dpa/nd

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