Ultimatum für Flüchtlingscamp läuft ab

Herrmann: Bezirk lässt Oranienplatz nicht mit Polizeigewalt räumen

  • Kirsten Baukhage
  • Lesedauer: 2 Min.
Der Konflikt um das Kreuzberger Flüchtlingscamp schwelt weiter. Bürgermeisterin Herrmann will es nicht räumen lassen. Sie glaubt aber auch nicht, dass der Senat es vor Weihnachten räumen lässt.

Der Bezirk Friedrichhain-Kreuzberg wird das Zeltlager der Flüchtlinge am Kreuzberger Oranienplatz nicht per Zwang räumen lassen. Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) glaubt auch nicht daran, dass es im Senat eine Mehrheit dafür gibt. Zum Ultimatum von Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU), das Flüchtlingscamp bis zum 16. Dezember aufzulösen, sagte Hermann: »Wir werden den Platz nicht mit polizeilicher Gewalt räumen. Das ist ein einstimmiger BVV-Beschluss.« Wenn Henkel sein Ultimatum umsetzen wolle, müsse er einen Senatsbeschluss zur Bezirksaufsicht mit einer besonderen Begründung herbeiführen, sagte Herrmann. Der Innensenator wolle sich dabei auf den Schutz der Grünfläche berufen. »Meine These ist, die SPD im Senat stimmt nicht der Räumung eines Flüchtlingscamps zu, um eine Grünfläche zu schützen.«

Zugleich betonte Herrmann, dass sie auf Dauer außer einem Info-Protestzelt keine Schlafzelte auf dem Oranienplatz dulden werde. »Ich habe immer gesagt, die Zelte werden abgebaut, und dabei bleibe ich.« Einen Zeitpunkt dafür könne sie nicht nennen. »Ich erwarte, dass wir die Zelte zusammen mit den Flüchtlingen und den Aktivisten abbauen«, sagte Herrmann.

Ihre Zuversicht begründe sie auf solche Absprachen mit den Flüchtlingen, sagte die Grüne auf Nachfragen. Es sei mit allen Beteiligten so verabredet gewesen, dass nach ihrem Umzug in ein festes Quartier die Schlafzelte abgebaut werden, betonte Herrmann. Darüber seien sie und ihre Mitarbeiter in ständigem Gespräch mit den Flüchtlingen. »Die Flüchtlinge wissen auch, dass sie vom Bezirk keinerlei weitere Unterstützung auf dem Oranienplatz bekommen, weder bei Strom, Essen oder Toiletten.« Nach Angaben der Bezirksbürgermeisterin halten sich tagsüber nur noch ein Dutzend Menschen auf dem Oranienplatz auf, hauptsächlich linke Aktivisten aus der Unterstützerszene und einige Flüchtlinge. Es schlafe aber niemand mehr dort, höchstens jetzt, nachdem einige Medien berichtet hätten, das Camp sei nachts leer.

Sie vertraue auf die Absprache zum Abbau der Zelte, sagte Herrmann. »Sie haben mit ihrem Protest viel erreicht. Die ganze Stadt redet über die Flüchtlingsproblematik.« Im Koalitionsvertrag der großen Koalition seien echte Verbesserungen für Asylbewerber festgeschrieben wie eine Arbeitserlaubnis nach drei statt bisher neun Monaten oder Ausweitung der Gebietszuweisung auf ein Bundesland statt bisher einen Landkreis oder eine Stadt, sowie Entscheidung der Asylanträge nach drei Monaten.

»Das werden die Flüchtlinge nicht riskieren wollen. Die positive politische Stimmung könnte sich zu ihren Ungunsten drehen, denn niemand versteht, warum sie den Platz nicht freigeben, nachdem sie ein festes Dach über dem Kopf haben.« dpa

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -