Viele ungültige Stimmen bei SPD-Mitgliederentscheid
Jeder zehnte Umschlag ohne eidesstattliche Erklärung / Merkel, Gabriel und Seehofer reden über Kabinettsposten
Berlin. Bei dem SPD-Mitgliedervotum über die große Koalition zeichnet sich nach Medieninformationen eine größere Zahl ungültig abgegebener Stimmen ab. Bei etwa jedem zehnten Briefumschlag fehle die eidesstattliche Erklärung, oder sie sei nicht korrekt ausgefüllt, berichtet die in Berlin erscheinende »Welt« unter Berufung auf erste Hochrechnungen aus SPD-Kreisen. Bei zunächst gut 300.000 abgegebenen Stimmen wären demnach rund 30.000 Voten ungültig. Die SPD erwarte, dass sich diese Zahl durch weitere eintreffende Wahlunterlagen noch vergrößern könne.
Der Einsendeschluss zum SPD-Mitgliedervotum endet in der Nacht zu Freitag um 24 Uhr. Die bislang eingetroffenen äußeren Briefumschläge werden unter Aufsicht der Mandatsprüfungs- und Zählkommission der SPD und eines Notars in Leipzig geöffnet. Die eidesstattlichen Versicherungen werden hier geprüft. Sie sollen sicherstellen, dass jedes Mitglied nur eine Stimme abgibt.
Die Umschläge mit dem Stimmzettel bleiben dabei geschlossen. Diese werden am Freitagabend von Leipzig nach Berlin transportiert und dort ab Samstagmorgen von rund 400 freiwilligen Helfern ausgezählt. Mit dem Ergebnis des Mitgliedervotums wird am Samstagnachmittag gerechnet.
Derweil teilte das Präsidialamt am Donnerstag in Berlin mit, bereits unmittelbar nach der für Dienstagmorgen geplanten Kanzlerwahl wolle Bundespräsident Joachim Gauck Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrer neuen Ministerriege die Ernennungsurkunden überreichen. Über die Zusammensetzung des schwarz-roten Kabinetts gab es weiter Spekulationen.
Merkel traf am Donnerstag mit CSU-Chef Horst Seehofer und SPD-Chef Sigmar Gabriel im Kanzleramt zusammen, um das weitere Prozedere der Regierungsbildung zu besprechen. Inhalte des Gesprächs wurden anschließend allerdings nicht mitgeteilt - zunächst sollen die Ergebnisse des SPD-Basisvotums abgewartet werden, die voraussichtlich am Samstagnachmittag bekanntgegeben werden.
Von Seiten der CSU hieß es, bei dem Treffen sollte es um den Zuschnitt des Kabinetts gehen. Ob dabei auch Namen genannt wurden, blieb offen. Ohnehin sei die konkrete Besetzung der einer Partei zugesprochenen Kabinettsposten allein deren Sache, hieß es aus München. Abgesprochen wurde von den Parteichefs aber offensichtlich auch, wann und in welcher Form die Ministerliste öffentlich gemacht werden soll.
Keine Bestätigung gab es zunächst für einen Bericht der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«, wonach die bisherige Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ein um den Bereich Renten erweitertes Gesundheitsressort übernehmen soll. Von der Leyen war schon wiederholt als künftige Gesundheitsministerin im Gespräch, soll aber Vorbehalte gegen einen solchen Wechsel geäußert haben.
Eine Aufwertung des Gesundheitsministeriums durch die Zuständigkeit für Renten würde allerdings das Arbeitsressort beschneiden, das die jetzige SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles übernehmen könnte.
Gabriel ist weiterhin für ein Superressort für Wirtschaft und Energie im Gespräch. Offiziell wollen Union und SPD am Sonntagnachmittag den Ressortzuschnitt und die Namen der künftigen Minister bekanntgeben - vorausgesetzt die SPD-Mitglieder stimmen der großen Koalition zu.
CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte der »Leipziger Volkszeitung«, nach der Regierungsbildung wollten Union und SPD »sehr zügig« die Arbeit aufnehmen. Das Kabinett soll demnach noch am Dienstagnachmittag Gesetze zur Rente ab 63, zur Mütterrente, zur Leiharbeit und gegen den Missbrauch von Werkverträgen auf den Weg bringen. Dies sei möglich, weil der Koalitionsvertrag von Union und SPD »in vielen Bereichen konkreter ausgestaltet ist als der mit der FDP«, sagte Hasselfeldt. AFP/nd
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