Große Koalition: Ministerliste komplett - erste Konflikte

Merkel stellt Besetzung der Unions-Ressorts vor / Neuer CSU-General will Abgrenzung von SPD / Kritik an Ostbeauftragter, Streit um Rentenpläne

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Berlin. Nach dem Ja der SPD-Basis zur Großen Koalition und der Bekanntmachung der Regierungspersonalien wollen die Vorsitzenden von CDU, CSU und SPD am Montag den Koalitionsvertrag endgültig unterzeichnen. Damit wäre dann die dritte Große Koalition in der Geschichte der Bundesrepublik besiegelt. Kurz vor dem Startschuss knirscht es bereits zwischen den Parteien.

So hat die Berufung der SPD-Abgeordneten Iris Gleicke zur neuen Ost-Beauftragten der Bundesregierung bei der Jungen Union in Thüringen für Kritik gesorgt. Der Landesvorsitzende des CDU-Nachwuchses in Thüringen, Stefan Gruhner, sagte, »Frau Gleicke ist als künftige Ostbeauftragte der Bundesregierung völlig unglaubwürdig«. Noch im Sommer habe sie die Abschaffung des Ostbeauftragten gefordert. »Da wird der Bock doch zum Gärtner gemacht.« Zugleich sieht der Chef der Jungen Union in der Personalie ein Signal der SPD für die Abwicklung des Ostbeauftragten.

Die Thüringer Sozialdemokratin war am Sonntag bei der Verkündung des Personaltableaus in Berlin in das Amt berufen worden. Der thüringische SPD-Chef Christoph Matschie beglückwünschte seine Parteikollegin zu ihrer Berufung. »Iris Gleicke ist eine der profundesten Kennerinnen Ostdeutschlands im Deutschen Bundestag«, erklärte Matschie.

Kaum auf dem Weg ins Amt hat der neue CDU-Generalsekretär Peter Tauber ebenfalls Signale der Abgrenzung in Richtung SPD gesandt. Er wolle »die Unterschiede in der Großen Koalition zwischen Union und SPD herausarbeiten«, sagte Tauber bei seiner Vorstellung durch Parteichefin und Kanzlerin Angela Merkel am Sonntagabend in der CDU-Parteizentrale in Berlin. Merkel hob derweil das Engagement des 39-Jährigen in der Netzwelt hervor. Seine Berufung zum Nachfolger von Hermann Gröhe, der Gesundheitsminister wird, sei ein Signal für Modernität in der CDU.

Zuvor hatte das CDU-Präsidium die bereits zuvor bekannt gewordene Namensliste der künftigen Ministerposten gebilligt. Der bisherige CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe wird das Gesundheitsressort übernehmen. Dort soll der Sozialpolitiker Karl-Josef Laumann das neue Amt eines Pflegebeauftragten ausüben. Ursula von der Leyen wird erste Verteidigungsministerin der Bundesrepublik, der bisherige Amtsinhaber Thomas de Maizière Innenminister. Der bisherige Umweltminister Peter Altmaier wird Kanzleramtsminister, diesen Posten räumt Ronald Pofalla und zieht sich aus der Politik zurück. Finanzminister Wolfgang Schäuble und Bildungsministerin Johanna Wanka behalten ihre Ämter. Staatsministerin für Kultur wird Monika Grütters.

Auch der SPD-Vorstand war am Sonntag zu Beratungen in Berlin zusammengekommen, um über den Vorschlag von Parteichef Sigmar Gabriel für die sozialdemokratischen Minister der großen Koalition zu beraten. Im Anschluss präsentierte Gabriel die von seiner Partei gestellten Ressortchefs: Gabriel selbst wird das um Energie erweiterte Wirtschaftsministerium übernehmen. Der bisherige Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier soll erneut Bundesaußenminister werden. Das Ressort Arbeit und Soziales geht an die bisherige SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles, das um Verbraucherschutz erweiterte Justizministerium soll der saarländische SPD-Chef Heiko Maas übernehmen. Die bisherige SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks wird neue Umweltministerin, wobei das Ressort um die bisher im Verkehrsministerium angesiedelte Baupolitik erweitert wird. Ministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wird die SPD-Vizevorsitzende Manuela Schwesig.

Wegen der NSA-Spähaffäre wird im Kanzleramt zudem eine neue Staatssekretärsstelle für die Belange der Geheimdienste eingerichtet. »Das ist eine Konsequenz der NSA-Angelegenheit oder -affäre«, sagte Merkel am Sonntag. Es handele sich um eine »gerechtfertigte Antwort auf die Herausforderungen«. Wer die Aufgabe ausfüllen soll, steht demnach noch nicht fest. Eine der Aufgaben des Staatssekretärs soll demnach die Zusammenarbeit mit dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags (PKG) sein. Bislang gibt es im Kanzleramt nur einen Geheimdienstkoordinator, zuständig ist zudem der Kanzleramtsminister, der aber auch eine Fülle anderer Aufgaben hat.

Merkel erklärte am Sonntagabend auch, dass es einen deutschen Nachfolger für Jörg Asmussen im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) geben soll. »Deutschland wird eine Nachbesetzung in der EZB machen. Das wird in der Koalition besprochen.« SPD-Mitglied Asmussen verlässt die EZB und wird überraschend Staatssekretär im SPD-geführten Bundesarbeitsministerium. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa sind als Asmussen-Nachfolger bei der EZB Bundesbank-Vize Sabine Lautenschläger, die Finanzexpertin und Regierungsberaterin Claudia Buch sowie die Chefin der Finanzaufsicht Bafin, Elke König, im Gespräch.

Derweil zeichnet sich noch vor dem offiziellen Start der Großen Koalition Streit um Details der schwarz-roten Rentenpläne ab. Einem »Spiegel«-Bericht zufolge fordert die SPD-Linke, Zeiten der Arbeitslosigkeit »unbegrenzt« auf die erforderlichen 45 Beitragsjahre für die abschlagfreie Rente ab 63 anzurechnen. »Sonst würden wir zum Beispiel jene Menschen benachteiligen, die kurz nach der Wende ihren Job verloren haben«, zitiert das Nachrichtenmagazin den Vorsitzenden der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen, Klaus Barthel.

Dagegen wollen Unionspolitiker maximal fünf Jahre Erwerbslosigkeit berücksichtigen. »Das ist sachgerecht«, sagt Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU). Der Rentenexperte der CDU, Peter Weiß, verweist dem Bericht zufolge ebenfalls auf die Fünfjahresgrenze: »Die Präzisierung muss im Gesetzgebungsverfahren erfolgen.« Im Koalitionsvertrag selbst finden sich die fünf Jahre nicht. Agenturen/nd

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