Eine Woche Ruhe und eine Krach

Brandenburg bietet dem Land Berlin einen Kompromiss zum Flughafen Schönefeld an

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Zur Nachtruhe am Hauptstadtflughafen Schönefeld schlägt Brandenburg dem Bund und Berlin einen Kompromiss vor, der niemanden ganz zufrieden oder völlig unzufrieden stimmen dürfte.

Bürgerinitiativen wollen ein Flugverbot von 22 bis 6 Uhr am künftigen Hauptstadtflughafen in Schönefeld, der Bund und das Land Berlin möchten lediglich eine Nachtruhe von 0 bis 5 Uhr garantieren. Das Land Brandenburg hat sich nach einem erfolgreichen Volksbegehren auf die Seite der Bürger geschlagen. Eine Annäherung zeichnete sich bislang nicht ab.

Um den gordischen Knoten zu zerschlagen, schlug Flughafenkoordinator Rainer Bretschneider gestern einen Kompromiss vor. Tatsächlich würden die Prognosen für Schönefeld in der halben Stunde vor 0 Uhr und in der halben Stunde nach 5 Uhr Starts und Landungen allenfalls im einstelligen Bereich voraussagen. Hier könnten Stillhalteverpflichtungen eingegangen werden, die unterhalb einer Änderung des Planfeststellungsbeschlusses liegen, aber dennoch dem Ruhebedürfnis der Anwohner entgegenkommen.

Prognose
1,1 Starts und Landungen werden prognostiziert für eine Durchschnittsnacht im Jahr 2025 zwischen 5 Uhr und 5.30 Uhr. Von 5.30 bis 6 Uhr sollen es 7,2 sein, von 22 bis 22.30 Uhr 27, von 22.30 bis 23 Uhr 13,4, von 23 bis 23.30 Uhr 10,4 und von 23.30 bis 0 Uhr 3,9. Neiße

 

Für eine bessere Stimmung würde nach Ansicht von Bretschneider außerdem sorgen, wenn ab 22 Uhr und bis 6 Uhr im wöchentlichen Wechsel jeweils ausschließlich die Nordbahn oder die Südbahn genutzt wird. Dann hätten die jeweils an der anderen Bahn schlafenden Anwohner planbare Lärmpausen. Zum »Bündel weitere Maßnahmen« zählte Staatssekretär Bretschneider die Festlegung, in regelmäßigem Rhythmus Flüge »abknicken« zu lassen, um Anwohner mal hier und mal da zu entlasten. Andere würden dadurch natürlich stärker belastet, gab er zu. Hier stünde die »mathematische Entlastung« schwer Betroffener der »mathematischen Belastung« der weniger Betroffenen gegenüber und müsste abgewogen werden. »Das ist keine Lyrik, das ist aus unserer Sicht ein ernsthaftes Angebot.«

Allzu sicher dürfte aber selbst Bretschneider nicht sein, dass eine Einigung auf dieser Grundlage zustande kommt. Viele Anwohner werden seinen Vorschlag als »Kosmetik« abtun, sagte er voraus. Auf der anderen Seiten hätten weder Berlin noch der Bund Bereitschaft gezeigt, einzulenken. Dort heiße es nur, die gerichtlich bestätigte Nachruhe von fünf Stunden sei »Kompromiss« genug. Trotzdem gab sich Bretschneider optimistisch, wenngleich er auch einräumte, dass die Prognosen von künftig etwas weniger Nachtflügen »nicht unumstritten« seien. Der Staatssekretär lehnte strikt den Vorschlag der Grünen ab, im Falle einer Weigerung Berlins die gesamte gemeinsame Landesplanung einseitig zu kündigen. Das wäre Katastrophenpolitik. Man dürfe nicht die geordnete Entwicklung einer ganzen Region wegen eines einzigen, zugegeben gravierenden Punkts aufs Spiel setzen. Die Frage, ob Brandenburg einseitig Beschlüsse zum Flughafen aufkündigen und abändern könne, werde von Juristen unterschiedlich beantwortet.

Wenn im Juli die Südbahn des neuen Flughafens probehalber in Betrieb genommen wird, wäre das mit einer deutlichen Belastung der Anwohner verbunden. Es werde sich um schwere und deshalb sehr laute Flugzeuge handeln, welche in Schönefeld bislang in der Regel nicht geflogen sind, heißt es. Als Entschädigung für bis dahin noch nicht eingebaute Schallschutzfenster wird Geld angeboten. Spätestens einen Tag vor Inbetriebnahme haben die Betroffenen ihre Schecks in der Hand, versprach Bretschneider.

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