Opposition droht Bangkok mit Stillstand

In Thailand wächst die Gefahr von Chaos, Umsturz und Bürgerkrieg / Wahlen am 2. Februar fraglich

  • Daniel Kestenholz, Bangkok
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach zwei ruhigen Wochen sammelt die Opposition in Bangkok erneut ihre Kräfte, um Regierungschefin Yingluck Shinawatra aus der Politik zu vertreiben und Wahlen am 2. Februar zu verhindern.

Unter Anleitung von Protestführer Suthep Thaugsuban sollen ab 13. Januar die wichtigsten Verkehrsadern und Kreuzungen in Bangkok blockiert werden, um Thailands Metropole zum Stillstand zu bringen und die Streitkräfte zum Eingreifen zu zwingen. Die Opposition kündigt damit zum wiederholten Mal eine Millionenbewegung an, obwohl sie seit November nie mehr als 150 000 Menschen auf die Straßen brachte. Die Regierung warnt allerdings vor drohenden Wirtschaftsausfällen in Höhe von sieben Milliarden Dollar. Die regierungstreuen »Rothemden« drohen mit einer Gegenoffensive.

Premierministerin Yingluck Shinawatra, deren Partei Puea Thai (Für Thais) ungeachtet der Proteste auch die für Februar angesetzten vorzeitigen Wahlen gewinnen würde, bat die Armee um Hilfe. Denn die Wahlen scheinen mit jedem Tag ungewisser. Die von der alten Bangkoker Elite über Suthep gesteuerten Demonstranten suchen Chaos um jeden Preis. Sie wollen ein Machtvakuum herbeiführen, das die Generäle zum Eingreifen per Putsch zwingt.

Die traditionell mit der Monarchie und dem Bangkoker Adel verbündeten Streitkräfte zögern derzeit, Anordnungen der Regierung zu befolgen. Wieder einmal sieht sich eine thailändische Regierung von den eigenen Sicherheitsbehörden im Stich gelassen und einem aggressiven Mob ausgeliefert.

In Bangkok und im oppositionellen Süden des Landes werden Lokale der Wahlbehörden blockiert. Das verhindert die Registrierung von Kandidaten und gefährdet die Abhaltung der Wahlen am 2. Februar. Armeechef Prayuth Chan-ocha argumentiert, Soldaten hätten noch immer einen schlechten Ruf, seit sie im Jahre 2010 den Aufstand der »Rothemden« blutig niederschlugen. Prayuth sandte unlängst doppeldeutige Signale aus, wonach er einen Putsch nicht länger ausschließen könne. Damit könnten sich die Regierungsgegner ihrem Ziel einer ungewählten, handverlesenen »Übergangsregierung« näher wähnen, die die Demokratie aussetzen soll.

Bei den angestrebten Reformen geht es hauptsächlich um die Verbannung des Shinawatra-Clans. Damit bliebe Thailands altem Geld- und Blutadel das Feld überlassen. Eine solche Rückkehr zur Autokratie gäbe einen Vorgeschmack von dem Konfliktpotenzial, in das Thailand hineinsteuert.

Nicht, dass der frühere Premierminister und Bruder der jetzigen Kabinettschefin, Thaksin Shinawatra, der Thailands Politik weiterhin aus dem Exil lenkt, eine weiße Weste hätte. Für ihn sind Wahlen eine Investition, die sich auszahlen muss. Doch Thaksin hat auch die ländlichen Massen im bevölkerungsreichen Norden und Nordosten des Landes ermutigt. Er brachte seinen Anhängern, den sogenannten Rothemden, ein erschwingliches Gesundheitswesen, Zugang zu Subventionen und Anerkennung, für die sich die Bangkoker Elite immer zu gut war.

Seit dem Aufstieg des Phänomens Thaksin blieb den angeblichen Demokraten nur die Schützenhilfe von Generälen und Richtern, um ihre Gegenspieler von der Macht zu vertreiben. Kaum werden Wahlen abgehalten, haben sie jedoch wieder das Nachsehen. Deshalb versuchen sie jetzt abermals, durch einen mittels Aggression und Anarchie erzwungenen Putsch die Notbremse zu ziehen.

Sollte es eine rechtmäßig gewählte Regierung im Königreich wieder nicht schaffen, ihre volle Amtszeit zu überstehen, nähert sich Thailand unweigerlich dem Punkt, vor dem Beobachter schon lange warnen: Bürgerkrieg.

Brandgefährlich wird die Lage, wenn die bedrängte Regierung ihre eigenen Anhänger mobilisieren sollte, um ihren Gegnern in Bangkok vor Augen zu halten, wer hier legitim Wahlen gewonnen hat. Jatuporn Prompan, Führer der Rothemden, rief die Massen am Donnerstag dazu auf, sich auf den Marsch nach Bangkok vorzubereiten, um die Demokratie gegen das »Netzwerk der Elite« zu verteidigen. »Wir sind bereit«, erklärte Jatuporn, »In diesem Monat geht es um alles. Wartet auf unser Signal.«

Gleichzeitig werden in dem tief gespaltenen Land, in dem Demokratie zur Farce gemacht wird, Rufe nach einem Autokraten lauter. Und das im 21. Jahrhundert, während Südostasien an der Schwelle zur regionalen Freihandelszone AEC (Asean Economic Community) steht - mit einem Thailand in seiner Mitte, das sich rückwärts entwickelt, während sich ein früherer Pariastaat wie Myanmar inzwischen modernisiert.

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