Es sollte kein Dorf sein

Vor 25 Jahren wurde der Stadtbezirk Marzahn gegründet - gefeiert wird später

  • Klaus Tessmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Er entstand aus Teilen Lichtenbergs und war der neunte Ostberliner Stadtbezirk: Marzahn. Synonym für Plattenbauten und demnächst vielleicht die IGA.

Die Geburtsurkunde von Marzahn trägt das Datum 5. Januar 1979. Zum 9. (Ost-)Berliner Stadtbezirk gehörten die Ortsteile Ortsteile Biesdorf, Kaulsdorf, Mahlsdorf sowie das Industriegebiet Lichtenberg-Nordost. Das sollte auch so bleiben, bis am 1. Juni 1986 mit Hellersdorf der 11. Bezirk gegründet wurde und Kaulsdorf, Mahlsdorf dem damals jüngsten Bezirk zugeschlagen wurden. Heute sind diese Ortsteile alle wieder im Großbezirk Marzahn-Hellersdorf vereint.

Der neue Bezirk wurde von Süden nach Norden gebaut. Unter dem Titel Biesdorf-Nord begannen 1975 die Bauarbeiten, nachdem im Februar 1975 die Entscheidung im SED-Politbüro gefallen war, ein Wohngebiet für über 100 000 Einwohner auf der grünen Wiese zu errichten. Zu den kuriosen Geschichten gehört sicher auch die Namensgebung. Es sollte kein Name mit einem »-dorf« sein, denn das passte damals nicht in die politische Richtung. So wurde aus dem Arbeitstitel »Biesdorf-Nord« schließlich der Bezirk Marzahn - es war der einzige Ortsteil der Region ohne »-dorf« am Ende.

Am 8. Juli 1977 wurde in der heutigen Marchwitzastraße 41-45 der Grundstein für den ersten Neubaublock gelegt. Bereits fünf Monate danach konnten in der Woche vor Weihnachten die ersten Mieter einziehen. Daran erinnert heute an der Allee der Kosmonauten ein Denkmal in Form einer Richtkrone.

Neben den Wohnhäusern wurden Schulen, Kindergärten, Gaststätten und Straßen gebaut. Die Grundidee damals war, den Verkehrslärm aus den Wohngebieten herauszuhalten. So wurden große Straßen wie die Märkische Allee oder die Allee der Kosmonauten angelegt, die Wohngebiete durch kleine Straßen erschlossen. Insgesamt wurden ein 31 Kilometer langes Hauptsstraßennetz und 110 Kilometer Wohnstraßen gebaut. Zu allen Wohngebieten sollte eine zentraler Dienstleistungskomplex mit Gaststätte, Post, Friseur, Blumengeschäft und anderen Einrichtungen gehören.

Der erste »Dienstleistungswürfel« war bereits im März 1979 am Murtzaner Ring fertig gestellt worden - heute befindet sich dort das Einkaufszentrum Poelchaustraße. Innerhalb kürzester Zeit entstanden auf den ehemaligen Rieselfeldern Wohngebietsgaststätten, Schulen und Kindergärten, Galerien und andere Kultureinrichtungen.

Diese Schnelllebigkeit kennzeichnet den Bezirk bis heute. »Es verändert sich alles viel schneller als in anderen Berliner Bezirken«, meint Bürgermeister Stefan Komoß (SPD). Er selbst lebt erst seit 1996 im Bezirk. Für ihn ist es eine Freude, »politische Verantwortung in einer Zeit zu tragen, in der es viele Veränderungen gibt«. Komoß verweist auf die Entwicklung vergangener Jahre. Zunächst zogen viele Menschen aus dem Bezirk weg. Es mussten Wohnhäuser, Schulen und Kitas abgerissen werden. Diese Entwicklung hat sich umgekehrt. Es ziehen vor allem wieder Familien mit Kindern in den Bezirk, und es kommen ehemalige Bewohner zurück. »Jetzt müssen wir plötzlich wieder Kitas und Schulen neu bauen«, stellt Komoß fest und betrachtet das als eine der großen Herausforderungen.

Große Ereignisse werfen auch in Marzahn ihre Schatten voraus, so wie die IGA 2017. Komoß erwartet, dass sie »den Bezirk sicher noch attraktiver machen wird«. Immerhin soll sie ihm ja sogar eine Seilbahn bescheren. »Der Bezirk ist zwar jung an Jahren, aber hat schon sehr viel erlebt«, bilanziert der Bürgermeister.

Weil man im Winter nicht so gut feiern kann, wird die Marzahner Geburtstagsfete etwas verschoben. Am zweiten Septemberwochenende soll das große »Plattenfest« steigen. »Dazu wollen wir natürlich alle Berliner einladen«, sagt Wirtschaftsstadtrat Christian Gräff (CDU).

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