Polizei 2.0

Martin Kröger zum Aufbruch der Behörde ins digitale Zeitalter

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 2 Min.

Den Präzedenztweet lieferte Polizeisprecher Stefan Redlich vor einigen Wochen. Als nach einer Alarmkette hunderte Unterstützer der Flüchtlinge wegen einer drohenden Räumung zum Camp auf dem Oranienplatz in Kreuzberg zusammenkamen, zwitscherte Redlich etwas genervt über seinen »privaten« Account beim Kurznachrichtendienst Twitter, dass an diesem Tag keine Zelte durch die Polizei des Flüchtlingscamps abgebaut werden würden. Doch zu diesem Zeitpunkt hatten die Proteste bereits eine Eigendynamik entwickelt, die nicht mehr zu stoppen war.

Dass überhaupt an einem nasskalten Sonntagabend im November 700 Unterstützer und Flüchtlinge in Kreuzberg zusammenkamen, hatte indes viel mit den neuen Medien im Internet zu tun. Denn wie in Istanbul oder Tunis nutzen auch in Berlin soziale Bewegungen verstärkt das Netz, koordinieren ihre Aktionen über Facebook und Twitter. Dass die Berliner Polizei jetzt quasi als »Polizei 2.0« auch im Internet mit dabei sein will, ist insofern logisch. Schließlich tauschen sich in den sozialen Netzwerken nicht nur Aktivisten, sondern auch Journalisten und Politiker verstärkt aus - das Auftauchen der Polizei in dieser sozialen Sphäre kommt allerdings vergleichsweise reichlich spät.

Und ob die künftigen offiziellen 140-Zeichen-Meldungen der Polizei bei Twitter mehr Informationsgehalt haben als die bereits existierenden Cop-Nachrichtenticker darf getrost bezweifelt werden. Schließlich lebt der Informationsfluss im Internet auch besonders von den Reaktionen der Nutzer. Doch auf Nachfragen will die Behörde laut Polizeipräsident Klaus Kandt gar nicht eingehen. Für Einbahnstraßen-Kommunikation sind Twitter und Co. allerdings nicht gedacht. Aber vielleicht geht auch der Polizei ein Blaulicht auf, dass es im Dialog noch besser klappt mit der Kommunikation mit den Bürgern - wie im normalen Leben auch.

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