Überfällige Ehrung für Fürther NS-Opfer

Zwei Straßen nach kommunistischen Opfern des Nazi-Regimes benannt

  • Hans Canjé
  • Lesedauer: 3 Min.
Jahrzehntelang verwehrte man zwei im KZ Dachau ermordeten Hitlergegnern in ihrer Heimatstadt das Gedenken. Erst seit kurzem tragen zwei Straßen im fränkischen Fürth ihre Namen.

»Eine lange Geschichte« und »kein Ruhmesblatt für die Stadt«, sei die Angelegenheit gewesen, so der Oberbürgermeister der mittelfränkischen Stadt Fürth, Tomas Jung. Jahrzehntelang habe man ein offizielles Gedenken aus ideologischen Gründen verweigert. Heute, so der SPD-Politiker im kritischen Rückblick, könne er es sich kaum erklären, »warum wir so lange dafür gebraucht haben«.

Das Ende der langen Geschichte: In einer kleinen Feierstunde erhielten nach Jahren des Verdrängens und Blockierens zwei Straßen auf Beschluss der städtischen Behörden die Namen der am 12. April 1933 im Konzentrationslager Dachau ermordeten Kommunisten Ernst Goldmann und Rudolf Benario. Die beiden Hitlergegner waren im März 1933 in einer ersten »Säuberungsaktion« durch SA und Polizei festgenommen und am 11. April in das im März eröffnete Konzentrationslager Dachau verschleppt worden.

Die Benennung einer Brücke nach dem Hitlerattentäter Stauffenberg hatte seinerzeit den Stadtoberen weniger »ideologische« Schwierigkeiten bereitet. Kommunisten dagegen waren in der Nachkriegszeit nicht der Erinnerung würdig. 2007 wurde nach Veröffentlichung einer Dokumentation von Schülern der 9. Klasse einer Fürther Hauptschule über Rudolf Benario schließlich eine Gedenktafel an der Uferpromenade zur Erinnerung an Goldbaum und Benario angebracht. Daraufhin äußerte ein CSU-Vertreter im Stadtrat, man werde ja wohl keine Straßen nach Verbrechern benennen. Doch genau diese Forderung bestand seit spätestens 1976, als ein erster entsprechender Antrag gestellt wurde. Mehrere Anfragen zu den beiden geforderten neuen Straßenpaten waren 1983 und 1993 im Stadtarchiv ergebnislos geblieben. Einmal wurde gar mitgeteilt, Ernst Goldmann sei in Kissingen gestorben.

Zum Sinneswandel hat sicherlich beigetragen, dass bei der diesjährigen Gedenkfeier zum Jahrestag der Befreiung des KZ Dachau explizit die beiden Fürther Kommunisten genannt worden waren. »Wie konnte das alles geschehen, ohne dass es einen Sturm der Entrüstung gab?«, hatte der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm in seiner Predigt gefragt. Statt zu protestieren sei 1933 in kirchlichen Zeitungen verharmlosend und mit zynischen Worten oder in grenzenloser Naivität berichtet worden, dass Häftlinge im Konzentrationslager »menschlich behandelt werden«, stellte er kritisch fest.

Bei den Reichstagswahlen am 5. März 1933 war die faschistische NSDAP mit 44,8 Prozent der Stimmen stärkste Partei in der Stadt an der Regnitz geworden. Am 9. März drohte der bayerische Landtagsabgeordnete Holz siegestrunken vom Balkon des Rathauses: »Mit dem heutigen Tag beginnt in Bayern das große Saubermachen ... Aus Fürth wird wieder eine saubere deutsche Stadt gemacht«. Den markigen Worten folgte bald die Tat: In den Tagen darauf wurden 15 Funktionäre der KPD und der SPD in »Schutzhaft« genommen, darunter auch Ernst Goldbaum und Rudolf Benario.

Die SA konnte sich dabei aus einer Liste der örtlichen Polizeibehörde aus dem Jahre 1932 bedienen. Goldmann war dort als »politischer Unruhestifter und kommunistischer Aufwiegler« vermerkt. Über die Verhaftung von Benario berichtete der »Fürther Anzeiger« in seiner Ausgabe vom 10. März 1933: Der »… sattsam bekannte kommunistische Winsler und Jude Benario [wurde] in Schutzhaft genommen«.

Am 11. April wurden beide in das KZ Dachau deportiert, über das an diesem Tag die SS das Kommando übernommen hatte. Am 12. April holte SS-Kompanieführer Brettschneider Benario und Goldmann sowie den Würzburger Medizinstudenten Arthur Kahn zum »Unratschaufeln« aus der Baracke ab und erschoss sie. Der Münchner Kaufmann Erwin Kahn wurde schwer verwundet und starb in der Nacht vom 15. auf den 16. April 1933 in der Klinik. Er wurde, so der Verdacht, wohl als lästiger Zeuge von seinen SA-Bewachern erwürgt.

Am Tag nach dem Verbrechen meldete die Presse: »Drei Kommunisten sind bei einem Fluchtversuch aus dem Konzentrationslager Dachau erschossen worden.«

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