Linke will keinen »Wettlauf um plattesten Tonfall«

Entwurf der Wahlstrategie: Überzeugte Europäer mit scharfer Kritik am Status Quo / Bundesgeschäftsführer Höhn: Es geht um eine Richtungsentscheidung

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Die Linkspartei setzt bei der Europawahl auf einen internationalen Wahlkampf und hofft auf Stimmen der in der Bundesrepublik lebenden EU-Ausländer sowie enttäuschter SPD-Anhänger. Das geht aus dem Entwurf für die Wahlstrategie hervor, die der Vorstand der kommenden Linken am Wochenende beraten will. Die Wahlen im Mai müssten als eine »Richtungsentscheidung« verstanden werden: »In welchem Europa wollen wir leben?«

»Wir kämpfen für ein soziales, friedliches, demokratisches Europa«, heißt es in dem 12-seitigen Papier von Bundeswahlkampfleiter Matthias Höhn. Die Linke wisse aber auch, »dass wir in einem solchen sozialen Europa heute nicht leben. Deshalb ist unsere Haltung für Europa die überzeugter Europäerinnen und Europäer mit einer scharfen Kritik der gegenwärtigen Zustände, der politischen Institutionen und des politischen Establishments, die den Profiteuren der Krise dienstbar sind - hier wie dort.«

Die EU sei »in weiten Teilen ihrer Mitgliedsstaaten in eine tiefe Legitimationskrise geworfen«, heißt es in dem Strategieentwurf weiter. Auch die Wähler der Linken treibe diese Skepsis um. »Die Linke in Europa ist gefordert, den Kampf um die Europäische Union aufzunehmen.« Die »Sorgen und auch Ängste, mit denen viele Menschen zunehmend auf die EU-Institutionen und deren Entscheidungen blicken« nehme die Partei ernst - lasse sich aber nicht »populistisch darauf« ein.

Man lasse »es den nationalen Regierungen, allen voran der deutschen«, aber nicht »durchgehen so zu tun, als könnten sie nur noch umsetzen, was «Brüssel» vorgeben würde«. Dagegen setze die Linkspartei »linke Kritik der aktuellen Politik, Krisenbearbeitung und der deutschen Rolle darin« und verbinde diese »mit unseren Kernthemen auf europäischer Ebene: Soziale Sicherheit, Löhne, Umverteilen in allen Ländern, Finanzmärkte regulieren und Banken vergesellschaften und unter demokratische Kontrolle stellen, die Demokratie stärken«.

In dem Entwurf heißt es weiter, man lege sich »mit den Herrschenden an und sagen, was ist«. Im Wahlkampf will die Linke deshalb auf eine »klare Sprache« setzen und »ruhig mal etwas radikalere Forderungen aussprechen«. Gerade im linken Potenzial seien »der Wunsch nach Alternativen und die Kritik an der EU überdeutlich zu spüren«. Die Linkspartei solle dabei »offensiv, nicht defensiv-aggressiv im Tonfall« auftreten. Mit Blick auf euroskeptische Organisationen wie die Alternative für Deutschland heißt es, man trete »nicht in einen Wettlauf um den plattesten oder krassesten Tonfall«.

Als Wahlziel solle sich die Linkspartei vornehmen, »wieder mit einer starken Delegation« im Europäischen Parlament vertreten zu sein. Es gebe »eine Verantwortung der deutschen Regierung für die Zustände in Europa; daraus ergibt sich für die deutsche LINKE eine Verantwortung: ihren Einfluss auszuweiten«. Es werde auch »als eine Chance angesehen, dass bei dieser Wahl viele in Deutschland lebende EU-Ausländerinnen und -Ausländer wahlberechtigt sind. Ein guter Teil davon dürfte links wählen wollen«, die Linkspartei müsse »frühzeitig bekanntmachen, dass sie den Ort ihrer Wahl wählen können. Wir streben einen internationalen, bunten Wahlkampf an.«

Zahlenmäßig verweist Bundesgeschäftaführer Höhn auf »zwei Anker: das Ergebnis der letzen Europawahl und das jüngste Bundestagswahlergebnis«. Vor fünf Jahren erreichte die Linkspartei bei der Europawahl 7,5 Prozent, 2004 hatte die PDS noch 6,1 Prozent der Stimmen erhalten. Bei der Bundestagswahl im Herbst 2013 wurde die Linke mit 8,6 Prozent stärkste Oppositionspartei im Bundestag. nd

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