Erbe ziert und klebt

Verstörende Bilder im neuen Potsdamer Landtag und die Aufgabe der Kunst

  • Hans-Dieter Schütt
  • Lesedauer: ca. 5.5 Min.

In Potsdam sollen 112 Ölbilder des Berliner Malers Lutz Friedel den neuen Landtag zieren. Hitler und Anne Frank, Stalin und Hannah Arendt, RAF-Terroristin Susanne Albrecht und Helmut Schmidt, Horst Wessel und Walter Ulbricht, Goebbels gleichsam zwischen Kleist und Kafka. Verfremdete Porträts.

Streit, natürlich. CDU und FDP attackieren das Projekt. Eine Parade der Unvereinbarkeiten ist diese Galerie, aber doch auch eine Parade unverstellter Wahrheit: Erbe ziert und Erbe klebt. Der wahre Terror, der unser Bewusstsein sprengt, ist die ewige Gleichzeitigkeit von Schönheit und Schrecken. Der Wert einer Demokratie erweist sich in der immer wieder zitternden Erinnerung daran, dass sie sich aus Blutsümpfen ins Freie rettete. Aus Tragödien ins Tragfähige. Aus Gespenstischem ins Geltende. Aus Vernichtung ins Lebendige. Immer wächst zusammen, was nicht zusammengehört. Und marschiert gemeinsam, wie Wolfgang Mattheuers »Jahrhundertschritt«...


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