Unbekannte Inseln

Die Hamburger »Gefahrengebiete« lenken den Blick auf andere Großstädte - allein in Bremen gibt es über 30 Orte oder Zonen mit Sonderrechten für die Polizei

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 2 Min.
Das Ausweisen von »gefährlichen« oder »kriminalitätsbelasteten« Orten ermöglicht hoch problematische Praktiken wie die international geächteten Kontrollen nach Hautfarbe.

In Hamburg ist der Spuk einstweilen vorüber. Doch bestehen auch in anderen Städten Gebiete, in denen der Polizei Sonderrechte eingeräumt werden, die Grundrechte von Bürgern dagegen eingeschränkt sind. Nur werden diese Zonen oft nicht bekannt gemacht.

Ein Beispiel für diese Politik unbekannter »Gefahreninseln« bietet der Stadtstaat Bremen. Dort gibt es nach derzeitigem Kenntnisstand nicht weniger als 37 derartige Orte oder Gebiete, davon 31 in Bremen und immerhin sechs im kleinen Bremerhaven. Doch bekannt geworden ist dies erst im vorvergangenen Jahr nach einer Anfrage der Linksfraktion. Wie sich die Lage derzeit darstellt, möchte diese mit einer weiteren Anfrage herausfinden - eine Antwort steht bisher noch aus.

»Gefahrenorte erlauben willkürliche, verdachtsunabhängige Kontrollen«, kritisiert die Linksfraktionsvorsitzende Kristina Vogt: »Diese Stigmatisierung von Stadtteilen und Straßenzügen höhlt Grundrechte aus und öffnet stereotyper Sippenhaft - dem ›Racial Profiling‹ - Tür und Tor.« Die gesetzlichen Grundlagen, fordert Vogt, »müssen aus den Polizeigesetzen gestrichen werden.« In Bremen sind die Vorschriften freilich nicht so drakonisch wie in Hamburg. Aufenthaltsverbote oder Gewahrsamnahmen seien nicht vorgesehen, heißt es bei der Fraktion. Nur wer sich nicht ausweisen könne, müsse mit einer Verbringung auf die Wache rechnen - zur Feststellung der Identität.

Auch in Berlin gibt es zahlreiche »kriminalitätsbelastete Orte«, an denen die Polizei besondere Rechte beanspruchen darf. Doch anders als in Bremen werden diese »KBO« selbst Parlamentariern nicht bekannt gegeben. Zuletzt musste dies die Piratenfraktion zur Kenntnis nehmen. Eine Veröffentlichung sei »nicht vorgesehen«, antwortete der Senat lapidar. Man wolle nicht das »Sicherheitsgefühl« von Anwohnern beeinträchtigen. Andererseits entfällt ohne exakte Lokalisierung auch ein Mindestmaß an Transparenz und Kontrolle. »Bild« veröffentlichte 2013 eine Karte, die weite Flächen in Friedrichshain-Kreuzberg oder Neukölln, aber auch Spandau auswies. Die »Morgenpost« legte vor wenigen Tagen mit einer Karte nach, in der die »KBO« wesentlich kleinräumiger wirkten. Genaues weiß man in der Hauptstadt nicht.

Oft werden »Gefahrenorte« dazu genutzt, Kontrollen nach Hautfarbe vorzunehmen. In vielen Staaten gilt das als Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsätze. In Deutschland steht eine explizite Regelung dagegen aus. Erst im Juni 2013 forderte das Deutsche Institut für Menschenrechte die Abschaffung »rassistischer Personenkontrollen«.

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