Scheuer legt den Doktor ab
Bericht über »Unstimmigkeiten« bei Promotion des neuen Generalsekretärs: Tschechisches »kleines Doktorat«
Berlin. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer will in Zukunft auf das Führen seines Doktortitels verzichten. »Um eine kaum handhabbare Praxis beim Führen des Titels zu vermeiden, habe ich mich entschieden, vom Führen des Titels künftig völlig abzusehen«, sagte Scheuer am Freitag der »Bild«-Zeitung.
In einem Bericht der »Frankfurter Allgemeinen« war zuvor die Rede davon, Scheuer habe 2004 an der Prager Karlsuniversität ein »kleines Doktorat« erworben, das ihn in der Bundesrepublik nur in Berlin und Bayern zur Führung des Titels »Dr.« berechtigt. In den anderen Ländern darf nur die tschechische Abkürzung »PhDr.« geführt werden.
Der CSU-Generalsekretär trete aber bundesweit als »Dr. Andreas Scheuer« auf, so etwa in Buchpublikationen oder auf seiner Website. Wie die Zeitung weiter meldet, habe das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht 2011 bereits einen in Bayern wohnenden Steuerberater gerügt, der im Nordwesten arbeitete und sein slowakisches »kleines Doktorat« nutzte, um als »Dr.« aufzutreten
Scheuers Arbeit über »Die politische Kommunikation der CSU im System Bayerns« war in Prag in deutscher Sprache vorgelegt worden. Dies sei »ganz normal«, erklärte der Doktorvater Scheuers, der Politologe Rudolf Kučera, gegenüber der »Frankfurter Allgemeinen«. Tschechischkenntnisse seien nicht verlangt worden; Scheuer habe in Prag keine Lehrveranstaltungen besucht.
Das Blatt berichtete weiter, in Scheuers Arbeit sei eine längere Passage aus einem bei der Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlichten Textes der Universität Münster »ohne Kenntlichmachung weitgehend übernommen« worden. Ein Sprecher Scheuers sagte dazu, bei einer »detaillierten Überprüfung« der Arbeitsunterlagen für seine Promotion sei »kein Textdokument der Universität Münster« gefunden worden. Er werde die Universität bitten, »über Autorschaft und Entstehungsdatum« des Textes Auskunft zu geben. nd
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