EU-Bürger müssen weiter auf mehr Datenschutz warten

Gesetzesreform verzögert sich um weitere Monate

  • Lesedauer: 3 Min.

Athen. Die europäische Datenschutzreform verzögert sich weiter: Die Novelle werde nicht mehr vor der Europawahl im Mai endgültig verabschiedet, sagte EU-Justizkommissarin Viviane Reding am Donnerstag in Athen bei einem Treffen der EU-Justizminister, bei dem die Reform auf der Tagesordnung stand. Die Luxemburgerin setzt nun auf einen Beschluss in der zweiten Jahreshälfte.

Die bereits vor zwei Jahren vorgelegte Datenschutzreform soll die geltenden Regeln aus dem Jahr 1995 ersetzen. Diese stammen damit aus einer Zeit, als weder soziale Netzwerke ein Massenphänomen noch das Sammeln von Verbraucherdaten durch weltweit vertretene Internetkonzerne ein Milliardengeschäft waren. Bürger und ihre Daten sollen durch die neuen Regeln besser geschützt werden.

Während aber das Europaparlament seine Position bestimmt hat, gehen die Beratungen der EU-Staaten nur schleppend voran. Deutschland tritt etwa immer wieder mit dem Argument auf die Bremse, das deutsche Datenschutzniveau dürfe durch die EU-Novelle nicht verwässert werden. Irland hingegen, das wegen seiner Steuergesetzgebung internationale Firmen wie Facebook und Google anzieht, will beispielsweise die Internetriesen nicht vergraulen.

Angesichts der verfahrenen Lage räumte Reding nun ein, dass ihr Ziel eines Beschlusses der Reform noch vor der Europawahl Ende Mai und somit unter ihrem laufenden Mandat nicht mehr zu erreichen ist. »Zwei Jahre liegt das auf dem Tisch, es wird höchste Zeit, dass wir jetzt handeln«, forderte die Luxemburgerin nun eine Einigung der EU-Staaten im Juni. »Die bilateralen Verhandlungen zwischen dem Rat und dem Europaparlament können dann Anfang Juli beginnen, wenn das Europaparlament im Amt ist.«

Den Zeitplan verabredete die Luxemburgerin am Mittwochabend mit den Unterhändlern des Europaparlaments, der derzeitigen griechischen EU-Ratspräsidentschaft und Italien, das ab der Jahresmitte von Griechenland den Vorsitz über die EU-Treffen und somit die Verantwortung für die Verhandlungen über die Datenschutzreform übernimmt. »Dann ist es an den Italienern, sobald das neue Parlament sich zusammengesetzt hat, im Juli die bilateralen Verhandlungen zu beginnen«, sagte Reding.

Die Verschiebung birgt aber auch Unsicherheiten, da sich nach der Wahl im Mai die Zusammensetzung des Parlaments ändert und auch die EU-Kommission neu besetzt wird. Möglicherweise ist Reding also ab dem Herbst gar nicht mehr im Amt.

Außer um die EU-Datenschutzreform führt Reding einen zweiten Kampf: Aufgrund der Enthüllungen über das massenhafte Ausspähen europäischer Daten durch den US-Geheimdienst NSA fordert sie von der Regierung in Washington Zusagen zum Datenschutz.

»Die Amerikaner müssen ›Safe Harbor‹ safe (sicher) machen«, verlangte Reding mit Blick auf das EU-Abkommen mit den USA, das es US-Unternehmen wie Google, Facebook oder Microsoft erlaubt, personenbezogene Daten wie den Geburtsort, die Telefonnummer oder die E-Mail-Adresse von EU-Bürgern in die USA zu übertragen. »Im Moment ist das ein Schweizer Käse mit vielen Löchern, die den europäischen Bürgern und Unternehmen schaden.« Reding will das Thema am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos gegenüber der US-Regierung erneut zur Sprache zu bringen. afp/nd

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