Nordhausen: Kritik an Diskussion mit Neonazis
CDU-Politiker duldet stadtbekannte Rechtsradikale / Linken-Abgeordnete König spricht von »ungeheuerlichem Affront«
Nordhausen. Die Duldung von drei stadtbekannten jugendlichen Neonazis auf einer öffentlichen Veranstaltung zur Gedenkkultur im thüringischen Nordhausen hat dem Oberbürgermeister der 42.000-Einwohner-Kommune, Klaus Zeh (CDU), heftige Kritik eingebracht.
Der frühere Thüringer Sozial- und Europaminister hatte am vergangenen Mittwoch Stadträte, Schulleiter und das örtliche Bündnis gegen Rechts zu einer Diskussion ins Rathaus zum Thema »Gedenkkultur in Vorbereitung des Gedenkens der Zerstörung der Stadt Nordhausen« eingeladen. Eine der Einladungen ging dabei versehentlich auch an einen NPD-Stadtrat.
Der kam zwar nicht, dafür aber nach Angaben des Bündnis gegen Rechts vom Wochenende drei nicht geladene Neonazis. Die Vertreter des Bündnisses verließ daraufhin die Veranstaltung, nachdem Zeh erklärte hatte, er werde die Rechtsradikalen nicht rauswerfen, solange sie sich nicht verfassungsfeindlich äußern. Im Laufe der Veranstaltung sollen sich nach Angaben des Bündnis die drei Neonazis aber mit »grenzwertigen Äußerungen« an der Diskussion beteiligt haben, ohne das jemand einschritt.
Die linke Landtagsabgeordnete Katharina König sprach am Samstag von einem »ungeheuerlichen Affront gegenüber all denen, die seit Jahren engagiert gegen Neonazismus und Faschismus kämpfen«. Die Strategie der Neonazis, sich als Gesprächspartner zu etablieren, sei durch den Oberbürgermeister umgesetzt worden.
Die Thüringer Grünen erklärten, für das Gespräch unter Demokraten brauche es eine gemeinsame demokratische Grundüberzeugung, welche bei Neonazis nicht im Ansatz vorhanden sei. »Es ist ein fatales Zeichen, wenn sich herausstellt, dass Teilnehmer, die die Geschichte revidieren wollen, an einer Veranstaltung zum Thema Erinnerungskultur vom Oberbürgermeister als gleichberechtigte Partner angesehen werden«, erklärte der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Dirk Adams.
Zeh selbst wies die Vorwürfe zurück und bedauerte den Rückzug des Bündnisses. »Neonazis sind und waren keine Gesprächspartner, vor allem nicht in Nordhausen und natürlich nicht in Fragen der Gedenk-Kultur«, betonte er in einer am Wochenende verbreiteten Erklärung. Die Einladung des NPD-Stadtrats sei irrtümlich passiert, denn »es ist absurd, jene einzuladen, die mehrfach die Gedenkkultur genutzt haben, um die Opfer für ihre Zwecke zu missbrauchen und zu instrumentalisieren«, so der CDU-Politiker.
Entschieden weise er zurück, grenzwertige Äußerungen von den drei Neonazis zugelassen zu haben. Er plädiere aber dafür, dem Gespräch mit diesen Jugendlichen nicht auszuweichen. »Ich will Menschen - vor allem junge - nicht zu schnell den Verführern verloren geben«, so der Oberbürgermeister. Er würde es sehr bedauern, wenn das Bündnis gegen Rechts diesen Treffen nicht mehr beiwohnen werde. epd/nd
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