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Ihr Opfer sei uns Vorbild
In Schönow wurde eine von Neonazis entwendete Gedenktafel ersetzt
In der Dorfmitte von Schönow im Barnim, direkt neben der Kirche, erinnert ein Gedenkstein an sechs mutige Frauen und Männer des Ortes, die im Widerstand gegen die faschistische Herrschaft ihr Leben geopfert haben. Sie waren parteilos wie Elli Voigt, gehörten der Sozialistischen Arbeiterpartei an wie Wolfgang Knabe oder waren Mitglieder der KPD wie Auguste Haase, Willi Seng, Erich Mielke und Waldemar Plotek.
Alljährlich am 27. Januar ehren die Schönower ihre einstigen Mitbürger mit Blumengebinden. Im November vergangenen Jahres wurde aus Anlass des 70. Todestages von Wolfgang Knabe eine Gedenkveranstaltung organisiert (»nd« berichtete), an der im Beisein von Wolfgang Knabes Tochter Edith Pfeiffer fast 100 Bürger teilnahmen.
Wolfgang Knabe ist vielen Schönowern ein Begriff. Von 1975 bis 1990 trug die Schule im Ort seinen Namen, und noch heute erinnert eine Gedenktafel an der Schönower Grundschule an ihn. Wegen des Schulneubaus ist die Tafel momentan abgenommen, aber sie wird auch an der neuen Schule einen würdigen Platz finden.
Gemeinsam engagierte sich das Ehepaar Knabe in der Gruppe um Herbert Baum. Sie halfen gefährdeten und flüchtenden Antifaschisten, verteilten Flugblätter und gaben Nachrichten weiter. 1942 versteckten sie in ihrem Haus in der Schönower Friedenstraße den 26-jährigen Juden Felix Heymann, der von der Gestapo gesucht wurde. Doch diese mutige Tat wurde ihnen zum Verhängnis. Im Februar 1943 wurde Wolfgang Knabe verhaftet und wegen Vorbereitung zum Hochverrat angeklagt. Aufgrund der miserablen Bedingungen und der Misshandlungen starb er in der Untersuchungshaft.
Als am 23. November 2013 am Vormittag die ersten Menschen zur Ehrung an das Denkmal kamen, war das Entsetzen groß. In der Nacht zuvor war der Stein mit brauner Farbe besudelt worden, so dass keiner der sechs Namen mehr zu erkennen war. Auch die an der Rückseite angebrachte Tafel, die an die drei ermordeten Arbeiter des einstigen Kabelwerkes erinnerte, war gestohlen worden. An diese Stelle hatten die Täter eine andere Tafel mit einem üblen Nazispruch gehängt.
Noch während in der Kirche wie geplant bei einer Gedenkstunde an Wolfgang Knabe erinnert wurde, waren Kameraden der Schönower Feuerwehr gekommen und hatten das Mahnmal gesäubert. Damals versprachen sowohl Bernaus Bürgermeister Hubert Handke (CDU) als auch die Schönower Ortsvorsteherin Adelheid Reimann, dass die gestohlene Tafel auf jeden Fall ersetzt wird, und zwar mit dem ursprünglichen Text, in dem es heißt: »Im Kampf gegen den Faschismus gaben drei Genossen unseres Werkes ihr Leben ... Ihr Kampf und Opfer sei uns stets Vorbild, Verpflichtung und Mahnung! Ehre ihrem Andenken!«
Nun war es am Montag soweit. Am geschichtsträchtigen 27. Januar konnten nicht nur wie jedes Jahr am Gedenkstein Blumen niedergelegt wurden, sondern es wurde auch diese wieder hergestellte Tafel enthüllt. Die Stadt Bernau - Schönow ist ein Ortsteil - hat Wort gehalten und die Tafel mit dem Originaltext wieder herrichten lassen. Bis Anfang der 1990er Jahre hing die Tafel mit den Namen Elli Voigt, Erich Mielke und Waldemar Plotek im Schönower Kabelwerk. Als es geschlossen und abgerissen wurde, hatten Schönower Bürger dafür gesorgt, dass die Granitplatte erhalten bleibt und sie an der Rückseite des Mahnmals befestigt.
Manch älterer Schönower erinnert sich noch an die Schreckenszeiten, als es verboten war, Menschen in Not mit Lebensmittelmarken zu helfen oder es tödlich sein konnte, Flugblätter zu verteilen, die gegen den barbarischen Krieg aufriefen. Sie erinnern sich auch an die mutigen Frauen und Männer, die damals ihre Nachbarn waren.
Hier in Schönow wurde im April/Mai 1944 im Keller eines Hauses auch die berühmte Flugschrift mit dem Aufruf zur Beendigung des Krieges gedruckt. Der Text stammte von Franz Jacob. Elli Voigt, die im Kabelwerk - vormals Schulze & Schneider - arbeitete, gehörte zu denen, die diese Flugblätter verteilten. Sie hielt auch Verbindung zur Berliner Gruppe um Anton Saefkow und hatte enge Kontakte zu sowjetischen, französischen und italienischen Zwangsarbeitern, die in Unternehmen in Schönow und Umgebung für die Kriegsproduktion schuften mussten.
Als Anfang Juli 1944 eine große Verhaftungswelle über Widerstandsorganisationen der Hauptstadtregion hinwegrollte, wurde auch die Schönower Gruppe verhaftet. Elli Voigt wurde im Dezember 1944 in Berlin-Plötzensee hingerichtet. An Elli Voigt erinnern nicht nur in Deutschland Denkmale und Straßen oder in Zinnowitz ein Kinderheim. In einer Gedenkstätte im italienischen Como stehen auf einer Tafel die Worte der Schönowerin im Abschiedsbrief an ihren Mann: »In der Hoffnung auf das Leben gehe ich in den Tod. Ich gehe im Glauben an ein besseres Leben für Euch.« Der italienische Komponist Luigi Nono vertonte in seinem Chorwerk »Il canto sospeso« diesen Abschiedsbrief.
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