Ballstädt-Überfall: Es waren Neonazis
Bestätigung nun auch vom Innenminister Thüringens / Zehn Menschen brutal verprügelt / Zwei Opfer immer noch in Klinik
Erfurt. Der Überfall auf eine Feier in dem kleinen Ort Ballstädt ist nach Angaben von Thüringens Innenminister Jörg Geibert (CDU) von Neonazis verübt worden. »Es ist eindeutig, dass aus dem rechten Bereich Gewalt ausgegangen ist«, sagte Geibert am Montag in Erfurt. Polizei und Staatsanwaltschaft hatten sich bislang nicht festgelegt. Die Angreifer hatten die Feier in der Nacht zum Sonntag überfallen und zehn Menschen brutal verprügelt.
Bereits am Sonntag sei die Ermittlergruppe zur Aufklärung rechtsextremer Straftaten, »BAO Zesar«, in Ballstädt gewesen, berichtete Geibert. Zahlreiche Spuren seien gesichert worden. Einige Täter seien bekannt. Die Ermittlungen laufen der Erfurter Staatsanwaltschaft zufolge momentan gegen vier Beschuldigte wegen gefährlicher Körperverletzung und Landfriedensbruch. »Ein Teil davon« lebe in Ballstädt, sagte Sprecher Hannes Grünseisen der dpa. Festnahmen habe es nicht gegeben, da kein dringender Tatverdacht bestehe. Er sprach weiterhin von Ermittlungen in alle Richtungen.
Geibert warnte vor einer zunehmenden Gewaltbereitschaft der rechten Szene in Thüringen. Diese nehme offensichtlich zu. »Ich sehe das mit Besorgnis«, bemerkte der Minister. So gebe es auch Ermittlungen rund um die Verletzung des Einsatzleiters der Polizei durch den Teilnehmer einer Rechten-Demo in Weimar am Samstag sowie in Schleusingen.
Wie das Landeskriminalamt erst am Montag mitteilte, wurden dort in der vergangenen Woche bei Durchsuchungen in der rechten Szene Gewehre mit scharfer Munition sowie chemische Substanzen und weiteres verdächtiges Material gefunden. Drei Tatverdächtige wurden festgenommen, zwei davon mittlerweile wieder entlassen, da kein dringender Tatverdacht bestehe.
Die Polizei will nach dem Überfall auf die Feier in den kommenden Tagen mehr Präsenz zeigen. Es würden verstärkt Streifen in der Gemeinde mit rund 700 Einwohnern eingesetzt, um die Lage zu beruhigen und neue Vorfälle zu verhindern, sagte eine Polizeisprecherin der Nachrichtenagentur dpa.
In der Nacht zum Sonntag hatten vermummte Angreifer zehn Gäste der Kirmesveranstaltung verprügelt. Zwei der zehn Verletzten lagen nach Angaben der Erfurter Staatsanwaltschaft auch am Montag noch im Krankenhaus. Augenzeugen und dem Bürgerbündnis gegen Rechts in Ballstädt zufolge soll es sich um einen Überfall von rund 20 Neonazis gehandelt haben.
Sozialministerin Heike Taubert (SPD) kündigte an, sich am Dienstag selbst vor Ort über die Geschehnisse zu informieren. Sie verurteilte den Überfall und die »unfassbare Brutalität« scharf. »Mit dieser Bedrohung und Gewalt zeigt der Rechtsextremismus einmal mehr seine ungeschminkte Seite«, sagte die Spitzenkandidatin der SPD für die Landtagswahl im September. Auch andere Politiker der im Landtag vertretenen Parteien äußerten sich entsetzt.
Der Landrat des Kreises Gotha, Konrad Gießmann (CDU), reagierte fassungslos. »Eine Auseinandersetzung in dieser Form ist vollkommen indiskutabel und jenseits des Hinnehmbaren.« Die Mobile Beratung in Thüringen gegen Rechtsextremismus (Mobit) rief dazu auf, jetzt die engagierten Menschen in Ballstädt zu unterstützen.
Die genauen Hintergründe und der Ablauf des Überfalls in Ballstädt sind weiter unklar. Augenzeugen und dem Ballstädter Bündnis gegen Rechts zufolge drangen rund 20 vermummte Angreifer gegen 2.00 Uhr früh in den Gemeindesaal des Dorfes ein und schlugen auf die Gäste der Kirmes-Veranstaltung ein. Zehn Verletzte mussten in Krankenhäuser gebracht werden. Wenige Stunden zuvor waren rund 80 Rechtsextreme durch Weimar gezogen. Am Mittwoch soll es in Ballstädt eine Mahnwache für die Opfer des Angriffs geben. dpa/nd
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