Volk begehrt gegen Wowereit

Unterschriftensammlung zur Neuwahl des Abgeordnetenhauses startet im März

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Steueraffäre ist für den Regierenden Bürgermeister noch nicht ausgestanden. Die parlamentarische Opposition verlangt eine Regierungserklärung, die außerparlamentarische Neuwahlen.

Über die politische Zukunft Klaus Wowereits (SPD) können nun die Berliner entscheiden. Mitte März soll ein Volksbegehren für Neuwahlen zum Abgeordnetenhaus starten, teilten die Initiatoren, die sich »Außer-Parlamentarische Ergänzung (APE)« nennen, gestern nach einem Gespräch mit der Senatsinnenverwaltung mit. »Nach dem Auftritt Wowereits am Montag im Parlament fühlen wir uns in diesem Schritt bestärkt«, so Mitinitiator Felix Herzog gegenüber »nd«. »Die arrogante Art, Probleme auszusitzen, können wir ihm nicht durchgehen lassen.«

Laut Berliner Abstimmungsgesetz kann ein Plebiszit den Regierenden Bürgermeister zwar nicht direkt absetzen, aber Neuwahlen zum Abgeordnetenhaus erzwingen. Die Hürden dafür sind allerdings viel höher als bei einem normalen Volksbegehren wie etwa zum Tempelhofer Feld. Um es zu beantragen, müssen 50 000 wahlberechtigte Berliner unterzeichnen (Tempelhof: 20 000). Damit das Volksbegehren erfolgreich ist, sind 500 000 Unterschriften (175 000 erforderlich. Wenn sich am anschließenden Volksentscheid mindestens die Hälfte der Wahlberechtigten beteiligt und die Mehrheit zustimmt, wird das Abgeordnetenhaus aufgelöst, Neuwahlen folgen.

Bisher haben die Berliner sechs Mal versucht, auf diese Weise ihre Regierung loszuwerden, erfolgreich war das nur 1981 und 2001 nach dem Skandal um die Bankgesellschaft. Da reichten schon fast 70 000 Unterschriften der ersten Stufe, um die große Koalition unter Eberhardt Diepgen (CDU) zur Aufgabe zu zwingen. Damals unterstützte auch die Opposition im Abgeordnetenhaus die Abwahlinitiative, wozu sie sich bisher noch nicht durchringen konnte.

Mit der Befragung Wowereits im Rechtsausschusses wollen sich aber auch Grüne, LINKE und Piraten nicht zufrieden geben. In einer gemeinsamen Erklärung verlangten die drei Oppositionsfraktionen gestern eine offizielle Regierungserklärung von Klaus Wowereit zur Steueraffäre. In der Sondersitzung sei deutlich geworden, dass der Regierende Bürgermeister »im Umgang mit der Steueraffäre André Schmitz› nicht korrekt verfahren ist«, erklärten die Fraktionschefs Ramona Pop (Grüne), Oliver Höfinghoff (Piraten) sowie Katrin Lompscher, stellvertretende Fraktionschefin der LINKEN.

Es habe sich der Eindruck verstärkt, dass Wowereit den Betrug seines Freundes politisch gedeckt habe, heißt es in der Erklärung. »Damit hat nicht nur die SPD, sondern auch die Koalition insgesamt ein Glaubwürdigkeitsproblem.« Wowereit solle sich in der Parlamentssitzung am Donnerstag in einer Woche erklären.

Ex-Kulturstaatssekretär André Schmitz wurde unterdessen gestern vom rot-schwarze Senat auch formell aus dem Beamtenverhältnis entlassen. Der Senat entsprach einem entsprechenden Antrag des Regierenden Bürgermeisters. Schmitz hatte Wowereit vor einer Woche gebeten, ihn von seinen Aufgaben zu entbinden. Der Senat habe das als Bitte um Entlassung interpretiert, so Senatssprecher Richard Meng. Damit erhalte Schmitz auch kein Übergangsgeld. Dies hätte ihm nur zugestanden, wenn er nicht auf eigenen Antrag entlassen worden wäre. Über die Nachfolge von Schmitz wurde noch nicht entschieden.

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