Das Steuergeheimnis gilt auch für Finanzbeamte

Innenrevision erbrachte eine hohe Zahl unberechtigter Zugriffe auf Daten

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
In einer Welt, die Vermögen und Einkommen wie intime Geheimnisse behandelt, ist der unberechtigte Blick in Steuerunterlagen ein Rechtsverstoß. Unberechtigt können auch Finanzbeamte sein.

Die Bilanz einer umstrittenen Totalrevision in allen brandenburgischen Finanzämtern zog Finanzminister Christian Görke (LINKE) gestern im Finanzausschuss des Landtags. Sein Amtsvorgänger Helmuth Markov (LINKE) hatte die restlose Überprüfung angeordnet, nachdem Hinweise auf Verletzung des Steuergeheimnisses eingegangen waren.

Das Verhalten von rund 3000 Beamten wurde abgefragt, in 727 Fällen sei ein unberechtigter Aufruf von Daten festgestellt worden, erklärte Görke nun. Wenn es auch in den allermeisten Fällen die eigenen Daten oder die von Angehörigen gewesen sind, so handle es sich doch um ein dienstrechtliches Vergehen, das mit einer Missbilligung zu ahnden sei. In 31 Fällen betraf der unberechtigte Zugriff die Daten von Dritten. Das sei ein ernstes Vergehen, was Disziplinarverfahren zur Folge habe. Als Bestrafung seien für Beamte Verweise, Gehaltskürzungen und Geldbußen möglich, für Angestellte käme die Abmahnung in Frage. In sechs Fällen laufen die Disziplinarverfahren noch, die übrigen Betroffenen haben Görke zufolge die Konsequenzen akzeptiert, die sie nun zu tragen haben.

Die Weitergabe widerrechtlich abgefragter Daten an andere Personen sei nicht festgestellt worden. Ihm selbst, sagte Görke, habe der Vorgang gezeigt, dass die bisherigen Kontrollregelungen nicht ausreichend sind. Er kündigte an, neben intensiver Belehrung das Zugriffsrecht einzuschränken, auch für Beamte, die in Vertretung von Kollegen handeln.

Als unverhältnismäßig hatte die Datenschutzbeauftragte Dagmar Hardtke die Totalrevision bezeichnet. Ihr Mitarbeiter Thomas Reinke sagte gestern, diese Kritik werde aufrechterhalten. Es sei ein »Übermaß an Daten« verarbeitet worden, was für den eigentlichen Zweck »nicht erforderlich« gewesen sei. »Dieses Verfahren ist rechtswidrig.« Die Datenschutzbehörde legte dar, dass Ministerium habe bei der Revision gegen neun Regelungen des Datenschutzes verstoßen. Das fordere die »förmliche Beanstandung« der Innenrevision heraus - das »höchste Mittel«, das dem Datenschutz zur Verfügung stehe. Zwar räumte Reinke ein, dass nach den ersten Hinweisen auf unberechtigte Zugriffe »Handlungsbedarf« bestanden habe. Stichproben bei fünf Prozent der Fälle hätten jedoch ausreichen müssen. Gegebenenfalls hätte man die Rate auf 20 Prozent erhöhen können. Nach Darstellung von Reinke rechtfertigen die jetzt vorgelegten Zahlen die Totalrevision auch nicht im Nachhinein. »Wir gehen davon aus, dass es eine solche Vollkontrolle nicht mehr geben wird.«

Die unbefugte Abfrage sei nicht immer gleichzusetzen mit einer Verletzung des Steuergeheimnisses, äußerte der Abgeordnete Ludwig Burkardt (CDU). Doch keineswegs war die gesamte Opposition mit der Einschätzung des Datenschutzes in dieser Frage einverstanden. Wenn man nur einen Bruchteil kontrolliert hätte, dann wäre auch nur ein Bruchteil der schwerwiegenden Fälle entdeckt worden, gab Grünen-Fraktionschef Axel Vogel zu bedenken. So gesehen hätten beiden Positionen Berechtigung.

Der Minister meinte, es wäre der Öffentlichkeit nicht vermittelbar gewesen, wenn gegen die unbefugte Abfrage von Steuerdaten nicht entschieden vorgegangen wird. Auf die Frage der Abgeordneten Marion Vogdt (FDP), ob die ausgespähten Bürger nun darüber informiert werden, sagte Görke, das Gesetz sehe ein solches Vorgehen nicht vor. Doch werde er untersuchen lassen, ob das geändert werden müsse.

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