Linkenchef: Oppermann ist nicht mehr tragbar

Riexinger kritisiert »eklatanten Mangel an Rechtsverständnis« bei SPD-Fraktionschef / Bosbach: Klima in Großer Koalition schwer belastet

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, hält einen Rückzug von SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann wegen dessen Verhalten im Fall Edathy für nötig. »Er kann sein Amt nicht mehr richtig ausfüllen. Jede Einlassung bringt neue Widersprüche. Er wird zur Belastung für die Regierung«, sagte Riexinger der »Rheinischen Post«. »Oppermann tut so, als ob der Verrat von Dienstgeheimnissen erlaubt wäre, solange es der SPD nutzt. Das ist ein eklatanter Mangel an Rechtsverständnis«, so der Linkenpolitiker weiter.

Oppermann steht inzwischen im Zentrum des durch den Fall Edathy ausgelösten Sturms in der Großen Koalition. Er hatte unter anderem BKA-Chef Jörg Ziercke kontaktiert, nachdem der SPD-Spitze über den inzwischen zurückgetretenen Ex-Innenminister Hans-Peter Friedrich von den möglichen Ermittlungen gegen Edathy in Kenntnis gesetzt worden war. Durch Oppermanns öffentliche Erklärung über diesen Vorgang war der Druck auf Friedrich gewachsen. Nun hat Oppermann selbst erklärt, er habe noch nach der vertraulichen und womöglich unzulässigen Information durch Friedrich mit Edathy gesprochen.

Der »Bild am Sonntag« sagte Oppermann, er habe mit Edathy »am Rande der Koalitionsverhandlungen am 8. November auf seinen Wunsch ein kurzes Gespräch, in dem es ausschließlich um seine Karrierewünsche ging. Dabei habe ich zum Ausdruck gebracht, dass seine Arbeit im NSU-Untersuchungsausschuss hoch geschätzt werde, ich ihm jetzt aber noch nicht über künftige Möglichkeiten sagen könnte. Danach ist Sebastian Edathy nicht wieder auf mich zugekommen«, so Oppermann in dem Interview.

Die SPD-Spitze hat es ebenso ausgeschlossen, dass Edathy über führende Sozialdemokraten von den möglichen Ermittlungen gegen ihn erfahren habe wie Edathy selbst. Wird ein Verdacht oder eine Information über einen Namen im Zusammenhang mit einem Ermittlungsverfahren oder einer Fahndung weitergegeben, ist dies zwar nach Ansicht von Experten nicht automatisch ein Fall von Strafvereitelung. Wenn aber absichtlich oder wissentlich damit bezweckt wird, dass ein anderer sich einer möglichen Strafe entzieht oder diese verhindert, etwa durch die Entfernung von Beweismitteln, könnte unter Umständen der Vorwurf der Strafvereitelung berechtigt sein.

Derweil hat der Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestags, Wolfgang Bosbach (CDU) das Klima in der Großen Koalition als schwer belastet bezeichnet. »Wir haben zweifellos eine Vertrauenskrise«, sagte Bosbach der »Saarbrücker Zeitung«und forderte zugleich von der SPD eine umfassende Aufklärung. »Zwar bemüht sich der SPD-Vorsitzende Gabriel erkennbar, die Gräben in der großen Koalition wieder zuzuschütten. Aber sein Bemühen allein reicht nicht aus«, sagte Bosbach. Dafür gebe es noch zu viele Unklarheiten, die von der SPD aufgeklärt werden müssten.

Auch Bosbach zielte damit vor allem auf Oppermann. Es stelle sich zum Beispiel die Frage, warum der SPD-Fraktionsvorsitzende den Präsidenten des Bundeskriminalamtes, Ziercke, angerufen habe, wenn er nach eigener Aussage über den Fall Edathy schon Kenntnis von Gabriel gehabt habe. »Hier liegt die Vermutung nah, dass er den BKA-Chef verleiten wollte, Amtsgeheimnisse zu verraten«, sagte Bosbach. Der CDU-Politiker bekräftigte Forderungen aus seiner Partei, wonach Oppermann und andere führende Sozialdemokraten eidesstattliche Versicherungen abgeben sollen, mit wem sie welche Informationen über den Fall Edathy ausgetauscht haben. »Das wäre zumindest eine vertrauensbildende Maßnahme«, meinte Bosbach. Agenturen/nd

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