Havanna liest
Buchmesse in Kuba
Wenn es in Kuba um Kultur geht, zumal um Lesekultur, kommt man um Superlative nicht herum. Rund 2000 Titel werden auf der 23. Internationalen Buchmesse Kubas vorgestellt, 500 Verlagsvertreter, Schriftsteller, Künstler und Intellektuelle sind aus 42 Staaten nach Havanna gekommen. Für das progressive Lateinamerika ist diese Messe wie ein Familientreffen: Wer Rang und Namen hat, kommt Mitte Februar auf die Festungsanlage Fortaleza de San Carlos de la Cabaña. Die war Mitte des 18. Jahrhunderts als militärisches Bollwerk gegen die Feinde des spanischen Kolonialregimes errichtet worden. Heute prangt über dem mächtigen Eingangsportal ein Zitat des kubanischen Unabhängigkeitskämpfers José Martí: »Leer es crecer« - Wer liest, erweitert seinen Horizont.
Mit Ecuador als Gastland steht die politische und wirtschaftliche Integration Lateinamerikas - und damit eben auch die Unabhängigkeit von den imperialen Zentren - im Fokus. Bei der Eröffnungsmatinee wurde den Gästen daher auch die kubanische Ausgabe eine Buches von Rafael Correa, dem Präsidenten des Ehrenlandes, übergeben. »Von der Bananenrepublik zur Nicht-Republik«, so der etwas sperrige Titel des Bandes, in dem der Ökonom Correa die Geschichte von kolonialer zur neoliberalen Dependenz seines Landes schildert, um schließlich die Grundkonzepte seiner »Bürgerrevolution« dazulegen.
Ecuadors Außenminister Ricardo Patiño - neben Miguel Díaz-Canel, dem Ersten Vizepräsidenten des kubanischen Staatsrates, der ranghöchste Gast bei der Eröffnung - hob die Rolle Kubas in der Alphabetisierung hervor, sowohl im eigenen Land als auch in Lateinamerika. »Heute verfallen unsere Gesellschaften einer Kultur des Banalen, des Trivialen und des Fernsehens«, so Patiño. Eine Gesellschaft, die nicht lese, verliere aber ihre Fähigkeit zur Abstraktion und Debatte. Die Integrationsprozesse in Lateinamerika zielten daher auch auf die Förderung der Kultur ab. Wiewohl der Gipfel des lateinamerikanischen und karibischen Staatenbundes Celac die Region gerade erst als »Territorium des Friedens« deklariert habe, sei doch auch das Signet »Territorium der Lektüre« anstrebenswert.
Patiño kam es zu, den kürzlich überraschend verstorbenen kubanischen Liedermacher Santiago Feliú zu ehren. Er habe 1979 in seinem Liebeslied »An Barbara« gesungen: Wenn aus meiner Stimme das Lied erblüht/ als Grund deines Gebens/ Wenn in deinen Augen die Güte liegt /die meinem Vers sein Leben schenkt/ dann lass mich nicht gehen. Gehen lassen wolle man Feliú auch nach seinem plötzlichen Tod nicht, sagte der ecuadorianische Minister unter dem Applaus der Anwesenden.
Deutschland ist auf der Buchmesse in Havanna erneut doppelt vertreten. Neben einer eher lustlosen Ausstellung der Frankfurter Messe und der deutschen Botschaft ist auch die Solidaritätsorganisation Cuba Si vertreten. Eine ihrer Hauptveranstaltungen ist die Präsentation der spanischen Ausgabe von Hans Modrows Buch »Die Perestroika. Wie ich sie sehe«.
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