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Charité als strategischer Partner
Im Kampf um den medizinischen Nachwuchs setzt Brandenburg auf Kooperation mit Berlin
Seit 20 Jahren leidet Brandenburg unter Ärzteschwund. Dass dies so ist und vermutlich auch so bleibt, wurde gestern erneut deutlich, als Gesundheitsministerin Anita Tack (LINKE) die Fortsetzung der »strategischen Partnerschaft« mit der Berliner Charité bekanntgab. In Brandenburg gibt es elf anerkannte akademische Ausbildungs-Krankenhäuser für diese größte Klinik Europas. Derzeit entsendet sie rund 100 Studierende in die Mark, die dort ein ärztliches Praktikum absolvieren - und vielleicht tätig sein werden.
Für die Fachkräfteversorgung der ärztlichen Einrichtungen »hat diese Kooperation eine große Bedeutung«, sagte die Gesundheitsministerin. »Bei den medizinischen Berufen kümmern sich die Akteure im Land Brandenburg intensiv um Nachwuchssicherung.« Auch die Charité profitiere von dieser Beziehung, ihr komme »die hohe Lehrqualität in Brandenburg zugute«.
Konstanze Baum stammt aus Frankfurt/Main. Die 33-jährige Mutter eines Kindes absolviert derzeit das ärztliche Praktikum am Joseph-Krankenhaus in Potsdam. In Hessen habe sie nichts Passendes gefunden, mit der Ausbildung in Brandenburg sei sie restlos zufrieden, lobte sie. Das Personal dort sei »unbeschreiblich nett« und das Krankenhaus achte darauf, »dass wir was lernen«. Keineswegs leiste sie nur Hilfsdienste wie das Blutabnehmen. »Ich bin begeistert.«
Auf die begrenzten Auswirkungen dieser Kooperation bezogen auf die Nachwuchsgewinnung wie der Geschäftsführer der Oberhavel Kliniken GmbH, Detlef Troppens, hin. Vielleicht zehn Prozent der regelmäßig 30 bis 35 Ausbildungsstudierenden nehmen nach seiner Einschätzung später tatsächlich in einer Ausbildungsklinik ihre auf.
Als wahren »Schock« habe sie es empfunden, als vor einigen Monaten wurden sämtliche Kooperationsverträge der Charité mit den elf brandenburgischen und 34 Berliner Ausbildungskliniken gekündigt wurden, erinnerte sich Ministerin Tack. Doch seien inzwischen sämtliche Verträge auf angepasster Basis erneuert. Zudem bestehe die Möglichkeit, dass die Klinik in Nauen als zwölfte Einrichtung im Berliner Umland den Status eines Ausbildungskrankenhauses erhält.
Als geeignetes Mittel, um dem Rückgang an Ärzten zu begegnen, betrachtet Detlef Troppens eine eigene Medizinerausbildung im Land. Er sehe darin die einzige Möglichkeit, wirkungsvoll etwas für die immer drängender werdenden Auffrischung des ärztlichen Nachwuchses zu tun.
Vor einer eigenen Universitätsklinik in Brandenburg riet dagegen der Vorstandsvorsitzende der Charité-Universitätsmedizin, Karl Max Einhäupl, ab. Er verwies auf den hohen Aufwand allein für den Aufbau eines solchen Studienganges. Universitätsmedizin in Deutschland benötige zudem pro Standort zwischen 70 Millionen Euro und 240 Millionen Euro im Jahr, um Mediziner wissenschaftlich so auszubilden, dass sie mit dem Fortschritt im Berufsleben geistig Schritt halten könnten.
Ministerin Tack verwies auf das Beispiel Mecklenburg-Vorpommern. Obwohl es in Rostock und Greifswald Universitätskliniken gebe, sei dort das Problem des Ärzterückgangs keinesfalls gelöst worden. Dem Land Sachsen-Anhalt sei inzwischen, so erinnerte Einhäupl in diesem Zusammenhang, die Medizinerausbildung an den Standorten Halle und Magdeburg zu teuer geworden und man bemühe sich um eine Fusion.
Dennoch gab es Initiativen im Land Brandenburg, eine Medizinerausbildung auf der Basis der Krankenhäuser hinzubekommen. Eine davon, getragen von den Ruppiner Kliniken und der städtischen Klinik Brandenburg/Havel, hat es laut Tack bis vor den brandenburgischen Wissenschaftsrat geschafft. Dort sei das Konzept allerdings mit dem Auftrag zurückgewiesen worden, es zu überarbeiten. Dies sei der gegenwärtige Stand. Über Wohl oder Wehe des Projektes werde das Wissenschaftsministerium befinden, sagte sie. »Doch stimmen wir uns als Fachministerium natürlich mit den Kollegen ab.«
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