Klagen gegen dritte Startbahn in München abgewiesen

Initiative will Bundesverwaltungsgerichtshof anrufen / Bürgervotum verhindert weiterhin Milliarden-Bauprojekt

  • Rudolf Stumberger, München
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs steht einer dritten Startbahn am Münchner Flughafen rechtlich nichts mehr im Weg - das Votum der Bürger der Landeshauptstadt schon.

»Gott mit dir du Land der Bayern«, hallte es lautstark und trotzig am gestrigen Mittwoch durch den Gerichtsaal an der Münchner Infanteriestraße. An die 300 Startbahngegner gaben mit dem Absingen der Bayernhymne ihre Meinung zur Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes kund. Der hatte zuvor alle 17 Klagen gegen den umstrittenen Bau der Dritten Startbahn am Münchner Flughafen abgelehnt. Damit darf das Milliardenprojekt aus rechtlicher Sicht gebaut werden, eine Revision des Urteils ist nicht zugelassen. Die Startbahngegner haben angekündigt, dagegen vor dem Bundesverwaltungsgerichtshof in Leipzig mit einer sogenannten Nichtzulassungsbeschwerde zu klagen. Der Baubeginn der Startbahn bleibt aber durch das ablehnende Votum der Stadt München in der Gesellschafterversammlung des Flughafens (nach einem entsprechenden Bürgerentscheid) weiter auf Eis, in dem Gremium sind einstimmige Beschlüsse notwendig.

Für Hartmut Binner, Sprecher der Bürgerinitiative »Aufgemuckt« geht auch nach dem Urteil die »Welt nicht unter«. Dieses Urteil sage weder etwas darüber aus, ob eine dritte Startbahn notwendig sei noch ob sie Sinn ergebe. Binner: »Das Gericht hat lediglich aus seiner Sicht im Planfeststellungsbeschluss keine Gesetzesverstöße feststellen können, auch wenn wir das aus logischer Sicht nicht nachvollziehen können.« Letztendlich sei es egal, wie das Gericht entscheidet, denn, so Binner, »entschieden über eine dritte Startbahn wird so oder so nur und erst auf politischer Ebene«.

Der Oberbürgermeisterkandidat der Münchner SPD, Dieter Reiter, bekräftigte, er werde sich weiter an das Bürgervotum gegen eine dritte Startbahn am Münchner Flughafen halten. »Eine Änderung dieser Position kann deshalb nur durch einen neuen Bürgerentscheid in München oder ganz Bayern erfolgen«, sagte Reiter am Mittwoch. Zudem müsse vor einer neuen Entscheidung die wirtschaftliche Entwicklung abgewartet werden. »Bis dahin wird es mit mir keine dritte Startbahn geben.« Auch die Oppositionsparteien im bayerischen Landtag - SPD, Freie Wähler, Grüne - blieben bei ihrer Ablehnung des Bauprojektes, während die CSU das Urteil begrüßte. »Das heutige Urteil zeigt, dass im bisherigen Verfahren die Interessen aller Beteiligten angemessen abgewogen wurden«, so CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer. Auch der Flughafenverband ADV begrüßte das Urteil. Es sei eine wichtige Weichenstellung für die künftige Entwicklung des zweitgrößten deutschen Airports. »Gleichzeitig ist es ein gutes Zeichen für alle Flughäfen in unserem Land«, sagte ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel.

Für Eva-Bulling Schröter, Landessprecherin der Linkspartei, habe sich hingegen mit dem Urteil die »Wirtschafts- und Betonlobby« durchgesetzt: »Obgleich der Prozessverlauf das ankündigte, bin ich tief enttäuscht über die Entscheidung. Dörfer sollen weichen, andere werden unter massivem Lärm und Umweltzerstörungen zu leiden haben. Koste es, was es wolle: Wachstum geht eben der bayerischen Staatsregierung über alles, selbst wenn ein Rückgang von Starts und Landungen am Münchner Flughafen zu verzeichnen ist.«

Mehrere Kommunen, der Bund Naturschutz in Bayern und Privatleute hatten gegen die vom Freistaat 2011 erteilte Baugenehmigung für die vier Kilometer lange Startbahn nahe Freising geklagt. Auf der Piste können stündlich 30 Flugzeuge starten oder landen. Der Prozess hatte sich mit 46 Verhandlungstagen fast ein Jahr lang hingezogen.

Die Startbahngegner halten das Projekt für überflüssig, weil die Zahl der Starts und Landungen auf Deutschlands zweitgrößtem Airport in den vergangenen Jahren kontinuierlich zurückgegangen sei.

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