Ich habe nur noch Schrift in der Tasche

Eine Selbsthilfegruppe in Oldenburg will funktionalen Analphabeten Mut machen

  • Gabriele Oertel
  • Lesedauer: ca. 8.0 Min.

Analphabetismus ist immer noch ein Tabuthema. Jeder siebte Deutsch sprechende Erwachsene kann laut einer Studie nur sehr schlecht lesen und schreiben. Schamgefühle, Ängste und Unsicherheiten prägen ihren Alltag. Ein Teil von ihnen wagt den Schritt, Alphabetisierungskurse der Volkshochschulen zu besuchen - mit eindrucksvollen Erfolgserlebnissen.

Betroffenheitsprosa. Das hat gesessen, wiewohl Achim Scholz, Kurs- und Projektleiter in der Volkshochschule Oldenburg, das vernichtende Wort fast beiläufig über die Lippen gerutscht ist. Dabei ist der 59-jährige Pädagoge oft sauer, dass die Medien in der Bundesrepublik auf den »bildungspolitischen Skandal« des Analphabetismus im Land zu wenig eingehen und »die große Politik« zu wenig tut, um ihn in der angeblichen Bildungsrepublik konsequent zu bekämpfen. Aber es stört Scholz eben auch, dass alle Jahre wieder rund um den 8. September, dem Weltalphabetisierungstag, die immer gleichen Formulierungen aufgewärmt werden: Menschen, die keine Speisekarte lesen können, auf Ämtern angeblich ihre Brille vergessen haben und hilflos vor Straßenschildern stehen. Denn: So punktgenau der mediale Aufschrei stattfindet, so schnell ist er wieder verklungen. Das gilt weltweit, obwohl trotz Alphabetisierungskampagnen oder ganzen Lerndekaden immer noch ...


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