Ein Viertel kann nicht mehr

BA-Chef Frank-Jürgen Weise warnt vor Mehrkosten durch Rente mit 63

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.
2012 war rund die Hälfte der 60- bis 64-Jährigen nicht mehr auf dem Arbeitsmarkt aktiv. Viele von ihnen gaben wegen gesundheitlichen Gründen ihren Job auf.

Frank-Jürgen Weise warnt gerne. So auch diese Woche im Haushaltsausschuss des Bundestages. Diesmal warnte der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA) laut der »Süddeutscher Zeitung« vor möglichen Mehrkosten wegen der Rente mit 63. Die könnten seine Behörde bis zu 1,7 Milliarden Euro jährlich kosten, weil Unternehmen rund ein Viertel ihrer Angestellte schon mit 61 Jahren in den Ruhestand schicken könnten, die dann zwei Jahre lang Anspruch auf Arbeitslosengeld I hätten.

Für den durchschnittlichen Arbeitnehmer dürfte jedoch auch die Rente ab 63 mit Abschlägen verbunden sein. Zwar hat sich das Eintrittsalter in den Ruhestand in den letzten zehn Jahren um knapp zwei Jahre nach hinten verschoben. Doch wird die Erwerbstätigkeit im Durchschnitt mit 61,1 Jahren beendet. Dies geht aus Zahlen hervor, die das Statistische Bundesamt (Destatis) am Freitag veröffentlichte. Demnach waren 2012 nur 49,6 Prozent der 60- bis 64-Jährigen auf dem Arbeitsmarkt aktiv. Dabei rechneten die Statistiker auch 162 000 Personen mit ein, die zwar arbeitslos sind, aber noch nach einem Job suchen.

Für Matthias Birkwald sind diese Zahlen kein Grund zum Jubeln. »Je näher Ältere an den abschlagsfreien Renteneintritt rücken, desto schlechter werden auch ihre Beschäftigungschancen«, sagt der rentenpolitische Sprecher der LINKEN im Bundestag. So lag 2012 die Quote der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im Alter von 60 bis 64 Jahren bei knapp 30 Prozent. Bei Frauen waren es 25 Prozent und »64-Jährige waren 2012 nur zu 14 Prozent sozialversicherungspflichtig beschäftigt«, fügt Birkwald weiter an. Für ihn bleibt die Rücknahme der Rente mit 67 »deshalb weiter der wichtigste Schritt im Kampf gegen die künftige Altersarmut.«

Die Grünen hingegen sperren sich weiterhin gegen die Rente mit 63. »Die bisherigen Strategien, die Beschäftigung Älterer zu steigern, gingen in die richtige Richtung«, sagt die grüne Rentenexpertin Brigitte Pothmer. Sie stimmen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes positiv, da der Anteil der älteren Menschen, die noch am Arbeitsmarkt aktiv sind, sich von einem Viertel im Jahr 2002 auf knapp die Hälfte im Jahr 2012 fast verdoppelt hat.

»Anstatt die Rente mit 67 auszuhöhlen«, meint Pothmer, sollte deshalb Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) »konsequent die Beschäftigungschancen Älterer am Arbeitsmarkt« verbessern. So ging 2011 rund ein Fünftel der Neuruheständler auf Grund von Vorruhestandsregelungen oder nach Arbeitslosigkeit in Rente. Weitaus mehr, nämlich 25,4 Prozent, hörten jedoch aus gesundheitlichen Gründen auf, zu arbeiten.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) indes hält den Rechenspielerein von BA-Chef Weise entgegen, dass die Rente mit 63 die Arbeitslosenversicherung um knapp 200 Millionen Euro entlasten könnte, »weil ein Teil der älteren Arbeitslosen aufgrund der geplanten Leistungsverbesserungen ab 63 Jahren in die abschlagsfreie Rente wechseln kann«, so DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Mögliche Mehrbelastungen seien nur zu erwarten, »wenn die Rente ab 63 von den Unternehmen für eine Entlassungswelle von älteren Beschäftigten missbraucht wird.« Dies kann aber Buntenbach zufolge vermieden werden, wenn die Firmen die dadurch entstandenen Kosten übernehmen müssen.

Zudem, wirft LINKE-Politiker Birkwald ein, müsse jeder, der seine Arbeitslosigkeit »vorwerfbar« herbeiführt, mit einer Sperrzeit von in der Regel zwölf Wochen rechnen. »Die Dauer des Anspruchs wird dann auch um ein Viertel gekürzt. Und was wohl auch jeder Beschäftigte weiß: Arbeitslosengeld I ersetzt nur 60 beziehungsweise 67 Prozent des vorherigen Verdienstes«, so Birkwald.

Derweil machte der Bundestag am Donnerstag schon einen wichtigen Schritt hin zur Rente mit 63: Die Große Koalition beschloss mit den Stimmen der LINKEN, den Rentenbeitrag im laufenden Jahr bei 18,9 Prozent zu belassen.

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