«Ein bisschen unkonventionell»
Wowereit benennt Musikproduzent Renner als Nachfolger des abgetretenen Schmitz
Er nahm Element of Crime unter Vertrag, damals, 1986. Die erste Band, die er in seiner Funktion als Talentsucher bei der Plattenfirma Polydor zur Vertragsunterzeichnung holte. Eine Band, die bis heute immer wieder Soundtracks für diese Stadt produziert. 22 Jahre alt war er da, und Grünschnabel im Musikgeschäft, in dem er eigentlich nur recherchieren wollte. So zumindest beschrieb Tim Renner seine Anfänge in der Musikbranche in seinem 2008 erschienen Buch «Über die Zukunft der Musik- und Medienindustrie».
«Tim Renner steht für diese Stadt und für deren Kreativszene», sagte der Regierende Bürgermeister und Kultursenator Klaus Wowereit (SPD) am Donnerstag bei der Vorstellung Renners. Mit dem Umzug des Musikkonzerns Universal Music 2002 von Hamburg nach Berlin habe Renner als dessen Deutschland-Chef dem Kreativstandort Berlin einen wichtigen Impuls gegeben. «Er ist ein bisschen unkonventionell. Das passt zu Berlin.»
Renner, SPD-Mitglied und Geschäftsführer des Musiklabels Motor Entertainment GmbH, bekundete seinen «wahnsinnig großen Respekt vor dem Amt». Ihn reize die Verantwortung, in einem von Schmitz gut bestellten Haus weiter zu gestalten. Er habe in den vergangenen zwölf Jahren eine «unglaubliche Entwicklung in Berlin erlebt, die maßgeblich durch Kreative und Kulturschaffende bestimmt» worden sei. «Sie sind der Rohstoff. Sie sind der Grund, warum die Touristen kommen. Sie sind das Zentrum und der Treibstoff der Stadt. Ich konnte deshalb nicht Nein sagen.» Wowereit hat mit Renner zwar jemanden angeworben, der in der Kulturszene zu Hause ist - nicht jedoch in der Verwaltung einer Stadt. Er müsse jetzt vor allem seine Behörde kennenlernen, denn in der Verwaltung kenne er sich nicht aus, so Renner. Grünen-Kulturexpertin Sabine Bangert bezeichnete die Berufung Renners denn auch als «interessantes Experiment: Medienindustrie trifft Verwaltung».
Der Koalitionspartner CDU begrüßte Renner, der «als Mann der Kreativwirtschaft die entscheidenden Impulse für eine moderne Kulturpolitik» setzen werde. Auch die IHK Berlin lobte diese «ausgezeichnete Wahl». Mit all seiner Erfahrung als Unternehmer und Kulturschaffender wird Tim Renner das Ansehen der Kulturmetropole Berlin über die Grenzen hinaus weiter steigern.«
Tim Renner trete ein schweres Amt an, erklärte der kulturpolitische Sprecher der Linksfraktion, Wolfgang Brauer. »Er muss für einen kulturpolitischen Ansatz gerade stehen, für den Glamour und das kurzfristige Event allemal wichtiger sind als die nachhaltige Sicherung der Berliner Kulturlandschaft in der Vielfalt ihrer Facetten.« Auch die Piraten wiesen daraufhin, Berlin lebe nicht nur von den großen, etablierten kulturellen Institutionen. Philipp Magalski, kulturpolitischer Sprecher der Fraktion, äußerte zudem die Hoffnung, der neue Kulturstaatssekretär möge neue Impulse setzen und die in Berlin lange vernachlässigte freie Szene und Off-Kultur endlich die nötige Unterstützung erfahren. »Gerade die kleineren, freien Projekte machen diese Stadt so lebendig. Unsere Kulturpolitik sollte diesen Umstand Rechnung tragen.«
Die Koalition der freien Szene scheint guter Hoffnung: »Mit Tim Renner bekommen wir jemanden, der weiß, wie man eine Band zusammenstellt oder ein Tanzprojekt startet«, sagt Sprecher Christophe Knoch.
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