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Die Region wird langsam schlauer
3. Bildungsbericht Berlin-Brandenburg fordert mehr Hilfe für Kinder aus Risikofamilien
Kinder aus sogenannten Risikofamilien in Berlin und Brandenburg sollen künftig mehr unterstützt werden. Die individuelle Förderung müsse früher ansetzen, sagte Brandenburgs Bildungsministerin Martina Münch (SPD) am Freitag in Potsdam. Gemeinsam mit Berlins Bildungsstaatssekretär Mark Rackles hatte sie den Bildungsbericht Berlin-Brandenburg vorgestellt. Es ist nach 2008 und 2010 bereits die dritte gemeinsame Bestandsaufnahme.
Beide Schulpolitiker betonen, der Bericht unterstreiche das Zusammenwachsen der Bildungsregion Berlin-Brandenburg. Es gebe inzwischen gemeinsame zentrale Abitur- und 10.-Klassen-Prüfungen sowie die Entwicklung gemeinsamer Lehrpläne. Zu den nach wie vor bestehenden »Herausforderungen« zählten sie die Förderung von Kindern und Jugendlichen aus »Risikofamilien«, zu denen sowohl Alleinstehende mit Kind und erwerbslose Eltern als auch Migranten gerechnet werden.
Ministerin Münch hob hervor, dass in der Region der Anteil von Schülern ohne Schulabschluss seit 2009 von elf Prozent auf acht Prozent zurückgegangen ist. »Beim Ausbau des gemeinsamen Unterrichts von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Förderbedarf haben wir deutlich zugelegt«, sagte sie. Inzwischen lernten in Brandenburg im Rahmen der sogenannten Inklusion 42 Prozent der Schüler mit Förderbedarf gemeinsam mit den anderen Kindern. Im Bundesdurchschnitt seien es gerade einmal 27 Prozent. Da Lernbehinderte die bisherigen Förderschulen am Ende ohne anerkannten Schulabschluss verlassen, bleiben sie meist ohne Chance auf eine Berufsausbildung. In der Abkehr von dieser Schulform sieht die Ministerin daher eine Möglichkeit, diesen Kindern und Jugendlichen für die Zukunft größere Erwerbschancen zu eröffnen.
Für das Land Brandenburg beschreibt der Bericht unter anderem nach wie vor existierende regionale Niveauunterschiede. So erreichten im Raum Bad Freienwalde und um Jüterbog ein Drittel der Schüler nicht die Mindeststandards im Englisch-Hörverstehen. Dagegen seien gute Englisch-Kenntnisse in einem Streifen von Königs Wusterhausen über Potsdam und Nauen bis in die Prignitz zu registrieren. Relativ gute Leistungen beim Lesen erzielten Kinder im Berliner Raum, vor allem aber im südlichen Umland.
In Berlins Kindertagesstätten sind laut Staatssekretär Rackles inzwischen drei Prozent mehr Pädagogen beschäftigt. Zudem würden im Interesse berufstätiger Eltern viele Kitas früher öffnen. Die Betreuungsnachfrage für Kinder bis zu einem Jahr liege inzwischen bei 52 Prozent.
Insgesamt belegt der Bildungsbericht, dass heute 63 Prozent der 25- bis 35-Jährigen in der Region über die Hoch- oder Fachhochschulreife verfügen, während man das vor 25 Jahren nur von 38 Prozent der Männer und gerade einmal 30 Prozent der Frauen habe behaupten können. Inwieweit diese Zunahme auch Ausdruck von Bildungsqualität ist und ob die Abschlüsse als gleichwertig zu betrachten sind, darüber gibt das Papier keine Auskunft. Münch hob das ausgezeichnete Abschneiden brandenburgischer Schüler beim innerdeutschen Ländervergleich Mathematik und Naturwissenschaften hervor. Einige Zeit davor hatte der Deutsch- und Englischvergleich dem märkischen Bildungswesen jedoch eher schlechte Noten ausgestellt.
Der 276-Seiten-Bericht wurde vom Institut für Schulqualität Berlin-Brandenburg gemeinsam mit dem Statistikamt beider Länder erarbeitet. Als Stärken der Berliner Schulen macht er die Unterrichtsorganisation, die Kooperation mit Verwaltungspartnern und das sozialen Klima aus. Verbessern müssten sie sich bei der Ausbildung von Methodenkompetenzen, der Personalentwicklung, der schulinternen Evaluation und der Schulprogrammarbeit. Brandenburgs Schulen stünden gut da bei Zufriedenheit, Klassenklima, Unterrichtsorganisation und Führungsverantwortung. Schlechter kämen sie weg bei aktiven und zielgerichteten Lernprozessen und der Qualitätsentwicklung.
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