Kleine Wohnungen sind Goldstaub
Laut IBB-Wohnungsmarktbericht steigen die Angebotsmieten in Berlin auf über acht Euro
An steigende Mieten hat sich die Berliner Bevölkerung mittlerweile leidvoll gewöhnen müssen, auch daran dass die Steigerungen regelmäßig über denen des Einkommens liegen. Erschreckend sind die Zahlen trotzdem: Innerhalb nur eines Jahres stieg die durchschnittliche Angebotsmiete in der gesamten Stadt pro Quadratmeter auf 8,05 Euro. Gegenüber 2012 bedeutet dies einen Anstieg um 8,8 Prozent. Das durchschnittliche Haushaltseinkommen stieg dagegen nur um 1,6 Prozent. Diese Zahlen gehen aus dem am Freitag veröffentlichten »Wohnungsmarktbericht 2013« hervor, den die Investitionsbank Berlin (IBB) gemeinsam mit dem Senator für Stadtentwicklung und Umwelt, Michael Müller (SPD) vorstellte.
Vor allem kleine Wohnungen unter 40 Quadratmetern und solche in sogenannten einfachen Wohnlagen verteuerten sich am stärksten. Das wirkt sich verschärfend auf die Bestandsmieten aus. Anhaltender Zuzug, allein 2012 stieg die Einwohnerzahl um mehr als 40 000 Menschen an, sowie die steigende Zahl von Singlehaushalten sorgen für zunehmenden Druck vor allem in diesem Wohnungssegment. Mittlerweile bestehen mehr als die Hälfte aller Berliner Haushalte aus nur einer Person. Und auch der Neubau kommt nicht recht voran: 5417 Wohnungen wurden 2012 fertiggestellt. Auch wenn die Anzahl der erteilten Baugenehmigungen im gleichen Jahr bei 9900 lag, »konnte die Bautätigkeit bislang nicht mit dem Nachfrageanstieg mithalten, das verfügbare Wohnungsangebot verringert sich kontinuierlich«, so Ulrich Kissing, Vorstandsvorsitzender der IBB. 10 000 neue Wohnungen müssten pro Jahr entstehen, um mit dem steigenden Bedarf Schritt zu halten. Und Neubau ist auch kein Allheilmittel, wenn vorwiegend hochpreisige Eigentumswohnungen entstehen. Darauf verweist auch Katrin Schmidberger, Grünen-Sprecherin für Mieten: »Zur Zeit beschränkt sich der stattfindende Neubau auf Eigentumswohnungen und das hochpreisige Segment.« Sie verweist außerdem darauf, dass sich die Zahl der Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen im Vergleich zu den Vorjahren fast verdoppelt hat: Dies betraf 2012 mehr als 7000 Wohnungen.
Der Wohnungsmarktbericht Berlin wird jährlich von der IBB und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt vorgelegt. Die durchschnittliche Angebotsmiete bei Neuvermietungen stieg um 8,8 Prozent auf 8,05 Euro pro Quadratmeter. Vor allem kleine Wohnungen und solche in einfachen Wohnlagen sind gefragt und verteuern sich auch im Bestand: Nach aktuellem Mietspiegel werden pro Quadratmeter Wohnfläche in Berlin, 5,54 Euro Nettokaltmiete verlangt, für Wohnungen unter 40 Quadratmetern Größe aber bereits 6,29 Euro im Schnitt verlangt.
Seit 2006 haben sich die Bestandsmieten damit um 22 Prozent gesteigert. Mieten in einfachen Wohnlagen verteuerten sich gleichzeitig um 19 Prozent auf aktuell 5,29 Euro nettokalt. 2012 zogen zogen 41 000 Menschen mehr in die Stadt als wegzogen, dazu kam ein Geburtenüberschuss von 2 500, Ende 2012 wohnten 3 375 000 Menschen in Berlin. Gleichzeitig wuchs die Zahl der Haushalte auf über zwei Millionen an (2 030 5000). stf
Auch Reiner Wild, Vorsitzender des Berliner Mietervereins (BMV) fordert weitere politische Schritte des Senats: »Auch wenn wir bei wachsender Bevölkerung neue Wohnungen benötigen, mittels Neubau ist die Knappheit offenbar nicht wirksam zu beeinflussen.« von den in 2012 bezugsfertig gewordenen Wohnungen in Neubauten ständen höchstens fünf Prozent für breite Schichten der Bevölkerung zur Verfügung, ergänzt Wild. »Die städtischen Wohnungsunternehmen müssen bei Wiedervermietung die Mietpreisbremse vorziehen und bei Haushalten, die WBS-berechtigt sind, eine Kappung der Bruttokaltmiete bei 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens vornehmen.«
Die LINKE fordert eine Stärkung der städtischen Wohnungsbaugesellschaften. Katrin Lompscher, Sprecherin der Linksfraktion für Wohnen im Abgeordnetenhaus: »Wir schlagen eine jährliche Eigenkapitalzulage für die Gesellschaften von 100 Millionen Euro für Ankäufe und Modernisierung vor, sie wären damit wirtschaftlich gestärkt und könnten ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden. Neubauten in den letzten Jahren waren zu über 90 Prozent Eigentum.«
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.