Vater von NSU-Opfer das Wort entzogen
München. Im um den »Nationalsozialistischen Untergrund« (NSU) ist es zum Streit über das Rederecht von Angehörigen der Terroropfer gekommen. Der Vater des in Kassel ermordeten Halit Yozgat wollte am Dienstag vor Gericht eine Erklärung abgeben. Der Vorsitzende Richter unterbrach ihn nach wenigen Worten und wies darauf hin, dass solche Stellungnahmen nach der Strafprozessordnung nur zu konkreten Beweispunkten zulässig seien. Auch Beate Zschäpes Verteidiger und die Bundesanwaltschaft äußerten Bedenken. Schließlich verschob Yozgat seine Erklärung auf einen anderen Tag.
Die Ombudsfrau für die Angehörigen der NSU-Opfer, Barbara John, kritisierte das Vorgehen des Gerichts. Aus familiären und beruflichen Gründen hätten viele Angehörige nicht die Möglichkeit, regelmäßig zum Prozess zu kommen. Es sei im Grunde ein »unmöglicher Zustand«, wenn sie dann nicht die Möglichkeit hätten, das Wort zu ergreifen. Sie sei davon überzeugt, dass dies auch nach der Strafprozessordnung möglich sein müsse, sagte John in einer Prozesspause. »Es ist keine Mathematik, es ist alles Interpretation.«
Ismail Yozgat werde seine Erklärung am Mittwoch abgeben, sagte sein Anwalt Thomas Bliwier. Er zeigte sich verärgert darüber, dass auch Zschäpes Verteidiger Wolfgang Heer sich dagegen ausgesprochen hatte, Yozgat das Wort zu erteilen. »Herr Heer sollte sich schämen für seine Erklärung«, sagte Bliwier. »Wenn hier Herr Yozgat als betroffener Familienvater, der seinen sterbenden Sohn gefunden hat, eine Viertelstunde der Prozesszeit haben möchte, um eine Erklärung abzugeben, dann kann sich die Verteidigung das anhören, und insbesondere auch Frau Zschäpe.«
Yozgats Sohn Halit war laut Anklage 2006 in seinem Internetcafé in Kassel von den Terroristen des NSU erschossen worden. Am Dienstag wurde im Gerichtssaal das Video einer Tatortbegehung mit dem ehemaligen Verfassungsschützer Andreas T. gezeigt. T. saß zur Tatzeit im hinteren Raum des Internetcafés. dpa/nd
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