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Ein Stück zurück in die Politik
Der frühere PDS-Landtagsabgeordnete Sarrach tritt bei der Kommunalwahl für die SPD an
Was macht eigentlich Stefan Sarrach? Bei den Wahlen 1999 und 2004 war er für die PDS in den Landtag eingezogen und erwies sich dort keineswegs als Hinterbänkler. Er war sehr aktiv, um nicht zu sagen umtriebig, saß auch mehrere Jahre im Fraktionsvorstand. Der damalige Fraktionsvorsitzende und gleichzeitige Bundesparteichef Lothar Bisky hob Sarrachs Fleiß und seinen unermüdlichen Einsatz bei Wahlkämpfen hervor. Dabei war der Abgeordnete gehandicapt. Infolge einer Krankheit musste ihm schon in früher Jugend ein Arm amputiert werden. Doch Sarrach ließ sich die Beeinträchtigung kaum anmerken, fuhr mit einem Sondermodell sogar Fahrrad.
Als Rechtsanwalt half der Politiker beispielsweise Abwasserrebellen, die ihr Trinkwasser aus Brunnen entnahmen und damit in Konflikt mit dem Anschluss- und Benutzungszwang gerieten. Sarrach zog auch für den Ort Quappendorf vor Gericht, um die Eingemeindung nach Neuhardenberg rückgängig zu machen, was allerdings misslang. Für sein Engagement ernannte Quappendorf den Anwalt zum Ehrenbürger.
Nach dem Wechsel seiner Fraktionskollegin Esther Schröder zur SPD hätte das »neue deutschland« nach Sarrachs Geschmack nicht mehr so viel über deren Arbeit berichten müssen. Mehrmals artikulierte er seinen Unwillen darüber - wie andere Genossen auch. Da ahnte niemand, dass Stefan Sarrach einmal selbst die Partei wechseln würde. 2008 legte er sein Landtagsmandat nieder und wurde Sozialrichter in Frankfurt (Oder), was er sich schon lange gewünscht hatte. Im Jahr darauf verließ er die LINKE, begründete dies mit seiner beruflichen Beanspruchung und mit Differenzen mit Genossen in Fürstenwalde. Später trat Sarrach in die SPD ein. Nun meldet sich der mittlerweile 44-Jährige zurück in die Politik, wenngleich nur in die Kommunalpolitik. Er kandidiert für die Stadtverordnetenversammlung. SPD-Vorsitzender von Fürstenwalde ist er bereits vor einem Monat geworden.
»Die SPD muss in Fürstenwalde lebendig, transparent, erlebbar, interaktiv, interessant für die Menschen sein«, sagt Sarrach. Momentan hat seine Partei acht Sitze in der Stadtverordnetenversammlung, die LINKE hat zehn.
Wie Sarrach berichtet, wurde für die bevorstehende Kommunalwahl am 25. Mai eine Mitmachstrategie entwickelt, die schon Aufmerksamkeit erregte. »Über Postkarten, Rechenschaftslegung der bisherigen Fraktionsarbeit, die Fortsetzung der Veranstaltungsreihe ›Fürstenwalder Perspektiven‹ zu verschiedenen Themen, Wochenmarktgespräche bei Kaffee und Kuchen, Facebook, Sozi-Stammtische, Lesungen, Maifest und viele weitere sozialdemokratische Aktionen empfehlen wir uns als Partei mit Tradition und Zukunft.«
Am Montagabend lud die SPD ins Fürstenwalder Bischofsschloss. Hier referierte Stefan Sarrach, der eine Chronik zu 120 Jahre SPD in Fürstenwalde verfasste, auf unterhaltsame Weise über die Frauenbewegung in Deutschland bis 1919. Gewürdigt wurden dabei auch starke Frauen der Stadt Fürstenwalde wie Martha Ulfert. Sie war die erste Frau im Stadtparlament und wirkte hier von 1919 bis 1933. Nach ihr ist ein Weg in Fürstenwalde-Süd benannt.
Sarrach war bis 2008 das Gesicht der Linkspartei in Fürstenwalde. Nach seinem Wechsel in die SPD fühlte er sich in der Rolle als Parteihistoriker sehr wohl. Nun aber wurden für das Wahljahr seine politische Erfahrung und sein Organisationstalent gebraucht. Wie er sagt, war das für ihn nicht planbar und nicht beabsichtigt. »In Demut vor den Wählern, die mir 2008 als Spitzenkandidat der LINKEN ihre Stimme gegeben haben, stehe ich auf dem letzten Listenplatz der SPD und bitte die Wähler, mir meinen Platz durch ihre Stimmen zuzuweisen«, sagt Sarrach.
Auch die LINKE ehrt im Rahmen der 24. Brandenburgischen Frauenwoche Persönlichkeiten. So lädt die Partei am kommenden Sonnabend um 15 Uhr in die Kulturfabrik. Geschildert wird der Lebensweg von Clara Zetkin. Die LINKE zieht in Fürstenwalde mit einem früheren politischen Weggefährten Sarrachs in den Wahlkampf - mit Stadtfraktionschef Stephan Wende.
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