»Wir rätseln genauso«
Ermittler rücken bei vermisster Boeing von Terrorismusthese ab - identifizierter Passagier wollte nach Deutschland
Abdul Rahman ist so ratlos wie die Journalisten, die den Chef der zivilen Luftfahrtbehörde Malaysias seit Tagen belagern. »Wir rätseln genauso«, sagt er in die Mikrofone und Kameras. Kein Notsignal, keine Wrackteile, keine anderen Beweise: Immer noch ist die seit Samstagmorgen vermisste Maschine der Malaysian Airline mit ihren 239 Insassen spurlos verschwunden.
An einen terroristischen Akt glauben mittlerweile weder die Behörden noch Interpol. Zuerst gingen Befürchtungen in diese Richtung, weil sich unter den Passagieren auch zwei Männer befinden, die die Boeing 777 mit gestohlenen Pässen betreten hatten. Interpol-Generalsekretär Ronald K. Noble betonte, sie waren »wahrscheinlich keine Terroristen«. Beide konnten nun identifiziert werden: Die Passagiere mit falscher Identität waren demnach Iraner. Laut Interpol waren die 19 und 30 Jahre alten Männer aus Doha gekommen und hatten die falschen Pässe erst ab Malaysia benutzt - wahrscheinlich, um als Flüchtlinge nach Europa zu gelangen. »Es ist Teil eines Menschenschmuggel-Falls und nicht Teil eines Terrorfalls«, sagte Noble. Das Ticket eines der Passagiere war nach Kopenhagen ausgestellt, das andere nach Frankfurt am Main. Der junge Mann wollte dort seine Mutter besuchen. Als er nicht am Terminal erschien, informierte diese die Polizei.
Währenddessen wurde das Suchgebiet deutlich erweitert. 40 Schiffe und 34 Flugzeuge der malaysischen Marine und neun weiterer Nationen suchen nun mit 185 Kilometer oder 100 Seemeilen einen doppelt so großen Radius ab. Die Bemühungen konzentrieren sich auf den Golf von Thailand und die vietnamesische Küste. Die thailändische Marine überprüft indessen auch andere Gegenden, bis zur Andamanensee im Indischen Ozean - auf Wunsch der malaysischen Behörden. Nach deren Spekulationen könnte der Pilot der Boeing auch umgedreht sein. Das Flugzeug auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking war plötzlich vom Radar verschwunden, ohne ein Notsignal zu senden.
Mehrmals hatte es Falschalarm gegeben: Eine vermeintliche Flugzeugtür und ein Teil eines Notausstiegs entpuppten sich jedes Mal als Müll. Auch ein Rettungsboot sollte gesichtet worden sein, das dann aber in Wirklichkeit eine von Algen überwucherte Kabelverschalung war. Suchtrupps hatten außerdem einen großen Ölfilm im Meer entdeckt - auch er stammte nicht von dem vermissten Flugzeug. »Wir haben nichts finden können, das so aussieht, als wenn es ein Teil des Flugzeugs wäre«, sagte Luftfahrtchef Rahman.
Eigentlich bietet das Seegebiet gute Bedingungen für die Suche. Der Golf von Thailand ist nicht stark zerklüftet und mit durchschnittlich 45 Metern Tiefe relativ flach. Anders als beim Airbus-Unglück 2009, bei dem ein Flugzeug der Air France über dem Atlantik verschwand. Dort hatte es sechs Tage gedauert, bis erste Spuren des Absturzes gefunden wurden. Erst zwei Jahre später konnte das Wrack in 4000 Metern Tiefe lokalisiert werden.
Die Angehörigen der Passagiere wurden indessen zum Teil extra eingeflogen und in Kuala Lumpur und Peking psychologisch betreut. Sie wollen die Hoffnung nicht aufgeben, die Maschine sei vielleicht entführt: Immer wieder wählen sie die Nummern der Handys ihrer Vermissten.
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