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Madrid: Viele Zehntausende beim »Marsch der Würde«

Über 100 Verletzte nach Auseinandersetzungen mit der Polizei / Mehrere Protestzüge der »Empörten« vereinen sich / Soliaktionen in ganz Europa

  • Lesedauer: 4 Min.

Berlin. Viele zehntausende Menschen aus ganz Spanien sind am Samstag zu einer Massendemonstration unter dem Motto »Marsch der Würde« gegen die Sparpolitik und die hohe Arbeitslosigkeit zusammengeströmt. Agenturen sprachen von einem der größten Proteste seit Monaten gegen den Troika-Kurs und die Verarmungspolitik. Nach Angaben der Organisatoren übertraf die Teilnehmerzahl alle Erwartungen: Es sollen sich zwei Millionen Menschen an der Aktion beteiligt haben. Im Anschluss an die Protestkundgebung gegen die konservative Regierung kam es zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Dabei seien 101 Menschen verletzt worden, darunter 67 Polizeibeamte, teilten die Rettungsdienste in der Nacht zum Sonntag mit. 24 Menschen seien festgenommen worden, erklärte ein Polizeisprecher. Die Bereitschaftspolizei feuerte Gummigeschosse auf Jugendliche, die Wurfgeschosse auf Beamte geschleudert hatten. Die jungen Demonstranten errichteten Barrikaden aus Absperrgittern, zündeten Mülltonnen an und schlugen die Fensterscheiben einer Bank ein. Einige bauten auf einer Hauptstraße im Zentrum Zelte auf.

Teilnehmer an mehreren Protestzügen trafen sich am Samstag zunächst vor dem Bahnhof Atocha, um dann gemeinsam zum Columbusplatz im Zentrum der Hauptstadt weiterzuziehen. Auf Plakaten forderten die Kundgebungsteilnehmer unter anderem »Die Krise sollen die Banker zahlen« und »Keine Kürzungen«. Die Demonstranten, von denen zahlreiche bereits seit Wochen zu Fuß nach Madrid unterwegs waren, kommen unter anderem aus den Regionen Andalusien im Süden, Katalonien im Osten, Asturien im Nordosten und der Extremadura im Westen. Viele Madrilenen applaudierten den vorbeiziehenden »Empörten« oder schlossen sich den Protestzügen an.

Auf Videos und Bildern (auch hier) im Internet waren große Menschenmengen zu sehen. In ganz Europa, etwa in London und Stuttgart, gab es Solidaritäsaktionen mit den Empörten. Auch am Brandenburg Tor in Berlin kamen einige Dutzend Menschen zusammen, um den Kampf der Menschen in Spanien gegen die Sparpolitik zu unterstützen. Zu der Massendemonstration in Spanien hatten rund 300 Organisationen aufgerufen, darunter Gewerkschaften sowie linksgerichtete Studentenverbände und Bürgerinitiativen. Entweder reagiere die Regierung auf die Forderungen der Menschen oder sie könne »ihre Koffer packen«, sagte Diego Cañamero, Sprecher der Arbeitergewerkschaft in Andalusien. Auf Transparenten stand: »Nein zum Schuldendienst« und »Brot, Arbeit und ein Dach für alle«.

»Marsch der Würde« auf Madrid:
Videobericht der spanischen Zeitung »El Pais« - hier
Ralf Streeck war
in der Kolonne aus der Extremadura dabei - hier

Die »Märsche der Würde« protestieren gegen eine Politik der Regierung, die die Auflagen der Troika aus EU-Kommission, Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäische Zentralbank (EZB) umsetzt. In einem Manifest heißt es: »Wir leiden unter der Politik der regierenden Volkspartei (PP) und dem Diktat der Troika. Wir müssen den Diebstahl erkämpfter Rechte und die Verarmung einer breiten Mehrheit der Bevölkerung stoppen.« Man wolle sich nicht mit der »unersättlichen Gier skrupelloser Banker und Spekulanten« abfinden. Für deren Rettung habe sich der Staat massiv verschuldet, wofür die Bevölkerung nun zur Kasse gebeten werde.

Spanien ist die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone. Das Land leidet noch immer unter den Folgen der 2008 geplatzten Immobilienblase und steckte seit Ende 2011 in der Rezession. Zuletzt besserte sich die Lage und das Land entkam Ende vergangenen Jahres nach Einschätzung der Zentralbank der Rezession. Doch die von der EU-Troika mit orchestrierte Sparpolitik schlägt weiter ins Kontor. Die Erwerbslosigkeit verharrt jedoch weiter auf sehr hohem Niveau bei rund 26 Prozent. Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene sind davon stark betroffen. Agenturen/nd

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