Rasen mit Gerichtssaal vertauscht
Hertha-Profifußballer Peer Kluge will per Urteil wieder in der ersten Mannschaft trainieren
Kurz und schmerzlos ging es zu bei der gestrigen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht im Fall des Profifußballers Peer Kluge. Nicht auf dem Rasen, sondern im Gerichtssaal wollte der Arbeitnehmer Kluge von seinem Arbeitgeber Hertha erreichen, dass er wieder in der ersten Mannschaft trainieren darf. Das verwehrt ihm der Arbeitgeber und beruft sich dabei auf den Paragrafen 2a des Arbeitsvertrages, wonach Profifußballer zeitweilig auch für die zweite Mannschaft abzustellen sind.
Für den Richter eine klare Aussage. Zumal es Kluge Anfang des Jahres schon einmal mit einer einstweiligen Verfügung versucht hatte, wieder in die Bundesliga zurückzukehren. Das Ansinnen war am 17. Februar abgewiesen worden. Der Richter zeigte sich erstaunt, dass Kluge nach dieser Entscheidung seine Klage nicht zurückgenommen hat. Er wollte damit sagen, dass sie wenig Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Doch Kluge bleibt dabei, er will eine Entscheidung vor Gericht. Es geht um seinen Marktwert. Sein Vertrag galt ursprünglich bis 2014. Durch den Aufstieg von Hertha in die 1. Bundesliga wurde er bis 2015 verlängert. Wird Kluge bis zu diesem Zeitpunkt in der zweiten Mannschaft, die in der Regionalliga Nordost spielt, hingehalten, fallen seine Chancen ins Bodenlose, wieder oben mitspielen zu können.
Kluges Anwalt argumentierte vor Gericht, aus der zeitweiligen Abstellung für die zweite Mannschaft sei inzwischen ein Dauerzustand geworden. Insofern liege eine klare Vertragsverletzung vor. Kluge habe gar keine Chance, sich wieder nach oben zu arbeiten. Selbst in der zweiten Mannschaft sei er nicht einmal eingesetzt worden. Insofern sei das Kaltstellen seines Mandanten eine Existenzfrage. Er will erreichen, dass Kluge Schritt für Schritt wieder ein paar Trainingseinheiten bei den Profifußballern bekommt. Doch in den Besetzungslisten von Trainer Jos Luhukay scheint Peer Kluge keine Rolle mehr zu spielen. Insofern stehen die Chancen schlecht, auf dem Klageweg zum Bundesligarasen zu kommen.
Die Geschäftsleitung versuchte in der Verhandlung, die Angelegenheit herunterzuspielen. Man gehe bei Kluge von einem zeitweiligen Training in der zweiten Mannschaft aus. So wie es der Vertrag vorsieht, den Kluge unterzeichnet hat. Man werde in Kürze prüfen, wie fit der Spieler ist, und dann sehen, wie es weitergeht mit dem Profifußballer Kluge. Gehaltseinbußen durch sein Training in der zweiten Mannschaft müsse er sowieso nicht erleiden. Doch das reicht dem Profifußballer in Wartestellung in der Regionalliga nicht. Er will eine Entscheidung durch das Arbeitsgericht.
Rückendeckung erhält Kluge von der Spielergewerkschaft VdV. Danach stelle die Degradierung von Profis eine unangemessene Benachteiligung dar. Alle Klauseln, die die Spieler benachteiligen, müssten von der Deutschen-Fußball-Liga (DFL) für unwirksam erklärt werden.
Gestern war der so genannte Gütetermin, das heißt, der Richter versucht, die Streithähne zu einem wie auch immer gearteten Kompromiss zu bewegen. Sowohl der Profifußballer als auch die Geschäftsführung von Hertha zeigten sich aber nicht bereit, außerhalb des Gerichtssaals eine Lösung zu finden. Nach 22 Minuten war die Verhandlung beendet. Beide Seiten werden sich am 12. Juli wiedersehen. Dann wird der Richter seine Entscheidung verkünden.
Einem zweiten Hertha-Spieler, Maik Franz, geht es nicht besser. Auch er wurde in die zweite Mannschaft abgeschoben und er zog deshalb vor das Arbeitsgericht. Sein Fall wird am 23. April verhandelt.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.