Bayern: Grüne erobern zwei Landratsposten
Christsoziale verlieren vier der fünf Oberbürgermeister-Stichwahlen - aber Ausbau der Dominanz auf dem Land
München. Die CSU hat bei der zweiten Runde der bayerischen Kommunalwahlen bittere Niederlagen in den Städten erlitten und dafür ihre Dominanz auf dem Land ausgebaut. Die Christsozialen verloren am Sonntagabend zwar vier der fünf Oberbürgermeister-Stichwahlen, gewannen aber dafür in 14 von 18 Landkreisen. Das bundesweit beachtete Prestigeduell um die Macht im Münchner Rathaus gewann SPD-Kandidat Dieter Reiter. Die bayerischen Grünen feierten: Sie gewannen ihre bundesweit ersten zwei Landratsposten.
»Ein historischer Abend«, sagte die Landesvorsitzende Sigi Hagl. Im oberbayerischen Kreis Miesbach setzte sich der Grüne Wolfgang Rzehak gegen einen Freien Wähler durch. Dort hatte sich die CSU-Spitze vom bisherigen Landrat Jakob Kreidl nach einer Affärenserie distanziert. Und an der nördlichen Landesgrenze im unterfränkischen Miltenberg gewann hauchdünn der Grüne Jens Marco Scherf gegen einen CSU-Kandidaten.
Bei vier der fünf OB-Wahlen konnten sich die CSU-Kandidaten nicht durchsetzen - in München, Regensburg, Erlangen und Ansbach. Die SPD verteidigte erwartungsgemäß die Landeshauptstadt und eroberte außerdem die OB-Sessel in den bisher CSU-regierten Großstädten Regensburg und Erlangen. »Da geht einem richtig das Herz auf«, sagte der SPD-Landesvorsitzende Florian Pronold im Bayerischen Fernsehen über die SPD-Ergebnisse in den Städten.
In München machte SPD-Verwaltungsfachmann Reiter die Hoffnungen der CSU zunichte, die Macht in der seit Jahrzehnten von der SPD dominierten Stadt übernehmen zu können. Das neue Stadtoberhaupt tritt die Nachfolge des langjährigen Oberbürgermeisters Christian Ude an, der die 65 überschritten hat und deswegen nach bayerischem Kommunalwahlrecht nicht mehr kandidieren durfte. Reiter lag klar vor dem CSU-Herausforderer Josef Schmid. Allerdings verlor die seit 1990 in München regierende älteste rot-grüne Koalition in Deutschland im ersten Wahlgang vor zwei Wochen ihre bisherige Mehrheit. Der unterlegene CSU-Herausforderer Josef Schmid wertete die Niederlage deswegen positiv und sagte zu seinen enttäuschten Anhängern: »Wir sind wieder da.«
In Regensburg gewann SPD-Kandidat Joachim Wolbergs haushoch. Die örtliche CSU ist seit Jahren zerstritten, der bisherige CSU-OB Hans Schaidinger hatte wie Ude die Altersgrenze von 65 Jahren überschritten. In Erlangen setzte sich SPD-Herausforderer Florian Janik deutlich gegen den langjährigen CSU-Oberbürgermeister Siegfried Balleis durch. In Ansbach bezwang die parteilose Oberbürgermeisterin Carda Seidel ihren CSU-Herausforderer. Von den fünf wichtigsten OB-Stichwahlen gewann lediglich in Würzburg der von der CSU unterstützte Christian Schuchardt - er wird der erste CDU-Bürgermeister in einer bayerischen Großstadt.
Die Landrats-Stichwahlen wurden für die bayerischen Sozialdemokraten zum Waterloo: Sie verloren vier Landkreise und gewannen keine einzige der 18 Wahlen. In Oberbayern - dem größten und bevölkerungsreichsten bayerischen Regierungsbezirk - gibt es nun keinen SPD-regierten Landkreis mehr.
Die CSU nahm der SPD vier Landkreise ab: München und Weilheim-Schongau in Oberbayern, Hof in Oberfranken und Schwandorf in der Oberpfalz. In Dachau musste sich der SPD-Politiker Martin Güll knapp dem neu gewählten CSU-Landrat Stefan Löwl geschlagen geben. »In Gänze sind die Kommunalwahlen 2014 für uns erfolgreich«, zog CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer die Bilanz des Abends.
Wahlverlierer war Freie Wähler-Chef Hubert Aiwanger. Sein Ziel waren Siege in fünf der neun Stichwahlen mit Freie Wähler-Kandidaten. Doch gewannen die Freien nicht fünf, sondern nur zwei Landkreise: In Regensburg setzte sich Aiwangers Lebensgefährtin Tanja Schweiger gegen ihren CSU-Gegenkandidaten durch, in Garmisch-Partenkirchen gewann der FW-Mann Anton Speer. »Leider Gottes haben wir heute eine Reihe von Stichwahlen knapp verloren«, sagte Aiwanger der Zeitungsgruppe »Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung«. dpa/nd
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