Barrierefrei übers Wasser
Die BVG-Fähren bieten viel Platz für Rollstuhlfahrer / An Land gibt es noch Hindernisse
Gabriele Senftleben ist sehr zufrieden. »Ich bin prima raufgekommen«, sagt die behinderte Frau, die im Rollstuhl sitzt und die BVG bei der barrierefreien Gestaltung ihrer Verkehrsmittel berät. »Keiner musste mich tragen, und Platz ist auch genug.« Ihr Lob gilt einer neuen Fähre, die gestern zusammen mit ihren drei Schwesterschiffen getauft wurde. »FährBär 1« bis »FährBär 4« bedienen jetzt die vier Fährlinien der BVG in Treptow-Köpenick.
Doch die Barrierefreiheit ist nicht der einzige Fortschritt, der die vier neuen Wasserfahrzeuge gegenüber ihren ausgemusterten, rund 40 Jahre alten Vorgängern aus DDR-Produktion auszeichnet. Fast lautlos gleiten sie über das Wasser, kein Abgaswölkchen trübt die Berliner Luft. Denn die Schiffe werden von Elektromotoren angetrieben, die ihre Energie von Solarzellen auf dem Dach erhalten. Meint die Sonne es gut, reicht das völlig aus, ansonsten werden die Batterien, die über Nacht mit »Landstrom« geladen werden, zugeschaltet.
Zwei Fähren sind bereits seit Anfang des Jahres zwischen Oberschöneweide / Wilhelmstrand und Baumschulenweg (F 11) sowie Wendenschloss und Grünau (F 12) unterwegs, die beiden Saisonfähren F 21 (Krampenburg - Schmöckwitz) und F 23 (Rahnsdorf / Müggelwer- derweg - Rahnsdorf / Kruggasse) starten am Sonnabend, wobei die F 23 auch die bisherige Ruderfähre zwischen Kruggasse und Müggelheim / Spreewiesen ersetzt, was heftige Proteste ausgelöst hatte. Die Schiffe der BVG, die als Katamarane gebaut sind, gehören der Weißen Flotte aus Stralsund, die den Betrieb auf diesen Linien nach einer Ausschreibung im vergangenen Jahr gewonnen hatte. Bisher wurden sie von der Stern und Kreissschiffahrt betrieben.
»Es ist gut, dass der öffentliche Personennahverkehr Vorbild ist beim umweltfreundlichen Antrieb«, lobte Verkehrsstaatssekretär Christian Gaebler die BVG. Die Reedereien würden sich damit ansonsten noch schwer tun. Laut Jan Kruse, Geschäftsführer der Förde Reederei Seetouristik, zu der die Stralsunder Weiße Flotte gehört, sind die solarbetriebenen Fähren einzigartig auf der Welt.
Ein Wermutstropfen fällt allerdings noch ins Fährwasser der BVG: Während ihre neuen Schiffe barrierefrei sind, gibt es an Land Probleme. Die meisten Anlegestellen hat die BVG bereits umgerüstet, so dass Rollstuhlfahrer oder Fahrgäste mit Kinderwagen stufenlos ein- und aussteigen können. Noch nicht soweit ist es an der F 23, wo noch nicht alle Stege auf einen sogenannten Magnetanleger umgerüstet sind, an den die Schiffe andocken können. Die Linie fährt deshalb voraussichtlich für zwei Wochen nur zwischen Müggelwerderweg und Neu Helgoland. Zu Ostern sollen dann auch die Anleger Müggelhort und Kruggasse umgerüstet sein.
Etwas länger dauern wird es, bis auch bei der Linie F 21 der Zugang barrierefrei ist. Derzeit sind auf dem Weg zum Steg noch einige Stufen zu überwinden. Für den Umbau ist das Bezirksamt Treptow-Köpenick zuständig, die Kosten werden auf eine sechsstellige Summe geschätzt. Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD) hofft auf Fördergelder vom Senat.
Die Solarfähren bieten Platz für 35 bis 49 Fahrgäste, zwei Rollstühle und bis zu zehn Fahrräder. Auch auf dem Wannsee ist im Auftrag der BVG eine neue barrierefreie Fähre unterwegs (F 10), wegen ihrer Größe - sie kann bis zu 300 Fahrgäste befördern - allerdings weiter mit Dieselantrieb. Der erfülle aber alle Umweltstandards.
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