Torwandschießen und Schienbeintritte

Schach-Spitzenfrauen spielen parallel zur Fußball-WM um den Gold-Cup

Vor dem Finale in Berlin das kleine Finale an der Elbe: Als Begleitveranstaltung zur Fußball-WM lädt Dresden vom 6. bis 8. Juli zum »Women Chess Cup 2006«. 32 Spitzenfrauen - jede repräsentiert eine der Nationen, die das ursprüngliche Teilnehmerfeld der aktuellen FIFA-Titelkämpfe gebildet haben - wollen den mit 5000 Euro dotierten Gold-Cup holen. Der Weg zum Pott orientiert sich an der WM der Kicker, mit Vorgruppenqualifikation und anschließenden K.o.-Runden; bei Punktgleichstand entscheidet Torwandschießen. Dabei ist Großmeisterin VERA JÜRGENS (36) aus Syke bei Bremen, die in Dresden für Angola startet. ND-Autor RENÉ GRALLA hat sich von der gebürtigen Bulgarin den Wettbewerb erklären lassen.

ND: Sie spielen um den »Women Chess Cup«, der deutliche Anleihen macht bei der Fußball-WM. Was verbindet beide Sportarten?
JÜRGENS: Ehrlich gesagt habe ich mich das auch gefragt.

Bayern Münchens Trainer Felix Magath und Tschechiens Coach Karel Brückner behaupten, dass Fußballer, die Schach lernen, später im Stadion mit mehr Übersicht agieren.
Ich weiß nicht, ob ich das wirklich ernst nehmen soll. Na gut, stimmt, auch zum Fußball gehört Strategie, eher fällt mir aber eine andere Gemeinsamkeit ein: Sowohl im Fußball als auch im Schach kann man die Gegner treten (lacht). Das passiert hin und wieder: unter dem Tisch einen Tritt abzukriegen, aus Versehen und ohne böse Absicht, vielleicht sind die Beine zu lang oder der Tisch zu klein. Beim Fußball geht das ein bisschen brutaler zu. Spaß beiseite: Ähnlich wie im Schach bereiten sich Fußballer konkret auf das nächste Spiel vor, indem sie Videos der anderen Mannschaften anschauen. Und ein Schachspieler analysiert, so weit in Datenbanken zugänglich, Partien seiner Kontrahenten und versucht, darauf das eigene Vorgehen abzustimmen.

Vor allem soll wohl der »Women Chess Cup 2006« den momentanen Medienrummel um die Fußball-WM nutzen, um gleichzeitig für Schach zu werben. Und so auch für Schach-Olympia 2008 in Dresden.
Das finde ich sehr gut: Endlich kriegt Schach die Aufmerksamkeit, die das Spiel verdient. Leider kümmert sich die Presse in Deutschland viel zu wenig um Schach. Dabei ist dieser Denksport eine ausgezeichnete Beschäftigung, vor allem auch für Kinder, weil Schach verschiedene Fähigkeiten entwickelt und schult: logisches Denken, räumliches Vorstellungsvermögen und Fantasie.

In Ihrer alten Heimat Bulgarien ist Schach äußerst populär, zumal das Land mit Wesselin Topalow den amtierenden Weltmeister stellt. Woher diese Begeisterung?
Vielleicht hat das etwas damit zu tun, dass im Sportstudium an der Universität auch die Fachrichtung Schach angeboten wird. Hinterher können die Absolventen als Schachtrainer arbeiten. Überdies wird überlegt, Schach als Schulfach einzuführen. Auch das hat sicher positiven Einfluss auf die allgemeine Wertschätzung des Spiels.

'Sie sind in diesem Jahr erstmals in die Auswahl der Republik berufen worden. Schacholympia 2006 in Turin haben die deutschen Männer mit Platz 15 beendet, die Frauen wurden 11. Ihr Fazit?
Eine einstellige Platzierung wäre natürlich besser gewesen, aber eine Blamage sind die Plätze 11 bzw. 15 nun auch wieder nicht.

In Dresden laufen Sie für Angola auf - eines der Länder, die nicht in der Lage gewesen sind, eine eigene Pokal-Anwärterin zu schicken.
Irgendwie ist das ein komisches Gefühl: Das Turnier beginnt, und neben meinem Brett steht die Fahne von Angola. Selbstverständlich werde ich mein Bestes geben.

Fachleute stufen den »Cup« als stärkstes Frauenturnier ein, das hierzulande jemals stattgefunden hat. Die USA schicken Susan Polgar ins Rennen, Deutschland Juniorenweltmeisterin Elisabeth Pähtz. Wer macht das Rennen?
Klarer Favorit sind die USA mit Susan Polgar.

Also ganz anders als bei der Fußball-WM.
Die Stärke von Susan Polgar kommt nicht von ungefähr. Sie ist die Älteste der drei berühmten Polgar-Schwestern, und das waren nun mal Wunderkinder.

Beim Fußball schauen Millionen, während Schach zur gleichen Zeit Probleme hat, überhaupt wahrgenommen zu werden. Stimmen da überhaupt noch die Proportionen?
Fußball ist besser geeignet, die Massen zu unterhalten. Man kann ein Fußballspiel verfolgen, ohne die Regeln genau zu kennen, während Schach gewisse Vorkenntnisse verlangt. Ich wünsche mir, dass die großen TV-Sender der Berichterstattung über Schacholympia Dresden 2008 täglich wenigstens ein paar Minuten einräumen.

Werden Sie jetzt die Vorgruppe überstehen?
Das hoffe ich. Jede Runde, die ich anschließend weiterkomme, werte ich als persönlichen Erfolg. Das sind Schnellschachpartien à 25 Minuten, da ist alles möglich.

Und die Vertreterin der Republik, Elisabeth Pähtz?
Sie wird es nicht leicht haben, doch ich traue ihr alles zu, sogar das Finale.

Bei Punktgleichstand in der Vorrunde müssen die Kandidatinnen auf eine Torwand schießen, um in die K.o.-Runde zu kommen.
In einem Einkaufszentrum habe ich das ausprobiert. Zusammen mit meinem elfjährigen Sohn, der natürlich Fußballfan ist, werde ich das noch ein wenig üben.

»Women Chess Cup 2006 zur Fußball-WM«: 6.-8. Juli in Dresden; Eröffnung am 6. Juli, 19 Uhr, auf Schloß Albrechtsberg mit Blitzmatches der Deutschen Damennationalmannschaft gegen Dresdner Prominentenauswahl. Beginn der Vorrundenspiele in 8 Vierergruppen ab 7. Juli, 10 Uhr, im Karstadt-Einkaufscenter (Restaurant). Finale am 8. Juli ab 17 Uhr. Informationen: www.chessbase.deND: Sie spielen um den »Women Chess Cup«, der deutliche Anleihen macht bei der Fußball-WM. Was verbindet beide Sportarten?
JÜRGENS: Ehrlich gesagt habe ich mich das auch gefragt.

Bayern Münchens Trainer Felix Magath und Tschechiens Coach Karel Brückner behaupten, dass Fußballer, die Schach lernen, später im Stadion mit mehr Übersicht agieren.
Ich weiß nicht, ob ich das wirklich ernst nehmen soll. Na gut, stimmt, auch zum Fußball gehört Strategie, eher fällt mir aber eine andere Gemeinsamkeit ein: Sowohl im Fußball als auch im Schach kann man die Gegner treten (lacht). Das passiert hin und wieder: unter dem Tisch einen Tritt abzukriegen, aus Versehen und ohne böse Absicht, vielleicht sind die Beine zu lang oder der Tisch zu klein. Beim Fußball geht das ein bisschen brutaler zu. Spaß beiseite: Ähnlich wie im Schach bereiten sich Fußballer konkret auf das nächste Spiel vor, indem sie Videos der anderen Mannschaften anschauen. Und ein Schachspieler analysiert, so weit in Datenbanken zugänglich, Partien seiner Kontrahenten und versucht, darauf das eigene Vorgehen abzustimmen.

Vor allem soll wohl der »Women Chess Cup 2006« den momentanen Medienrummel um die Fußball-WM nutzen, um gleichzeitig für Schach zu werben. Und so auch für Schach-Olympia 2008 in Dresden.
Das finde ich sehr gut: Endlich kriegt Schach die Aufmerksamkeit, die das Spiel verdient. Leider kümmert sich die Presse in Deutschland viel zu wenig um Schach. Dabei ist dieser Denksport eine ausgezeichnete Beschäftigung, vor allem auch für Kinder, weil Schach verschiedene Fähigkeiten entwickelt und schult: logisches Denken, räumliches Vorstellungsvermögen und Fantasie.

In Ihrer alten Heimat Bulgarien ist Schach äußerst populär, zumal das Land mit Wesselin Topalow den amtierenden Weltmeister stellt. Woher diese Begeisterung?
Vielleicht hat das etwas damit zu tun, dass im Sportstudium an der Universität auch die Fachrichtung Schach angeboten wird. Hinterher können die Absolventen als Schachtrainer arbeiten. Überdies wird überlegt, Schach als Schulfach einzuführen. Auch das hat sicher positiven Einfluss auf die allgemeine Wertschätzung des Spiels.

'Sie sind in diesem Jahr erstmals in die Auswahl der Republik berufen worden. Schacholympia 2006 in Turin haben die deutschen Männer mit Platz 15 beendet, die Frauen wurden 11. Ihr Fazit?
Eine einstellige Platzierung wäre natürlich besser gewesen, aber eine Blamage sind die Plätze 11 bzw. 15 nun auch wieder nicht.

In Dresden laufen Sie für Angola auf - eines der Länder, die nicht in der Lage gewesen sind, eine eigene Pokal-Anwärterin zu schicken.
Irgendwie ist das ein komisches Gefühl: Das Turnier beginnt, und neben meinem Brett steht die Fahne von Angola. Selbstverständlich werde ich mein Bestes geben.

Fachleute stufen den »Cup« als stärkstes Frauenturnier ein, das hierzulande jemals stattgefunden hat. Die USA schicken Susan Polgar ins Rennen, Deutschland Juniorenweltmeisterin Elisabeth Pähtz. Wer macht das Rennen?
Klarer Favorit sind die USA mit Susan Polgar.

Also ganz anders als bei der Fußball-WM.
Die Stärke von Susan Polgar kommt nicht von ungefähr. Sie ist die Älteste der drei berühmten Polgar-Schwestern, und das waren nun mal Wunderkinder.

Beim Fußball schauen Millionen, während Schach zur gleichen Zeit Probleme hat, überhaupt wahrgenommen zu werden. Stimmen da überhaupt noch die Proportionen?
Fußball ist besser geeignet, die Massen zu unterhalten. Man kann ein Fußballspiel verfolgen, ohne die Regeln genau zu kennen, während Schach gewisse Vorkenntnisse verlangt. Ich wünsche mir, dass die großen TV-Sender der Berichterstattung über Schacholympia Dresden 2008 täglich wenigstens ein paar Minuten einräumen.

Werden Sie jetzt die Vorgruppe überstehen?
Das hoffe ich. Jede Runde, die ich anschließend weiterkomme, werte ich als persönlichen Erfolg. Das sind Schnellschachpartien à 25 Minuten, da ist alles möglich.

Und die Vertreterin der Republik, Elisabeth Pähtz?
Sie wird es nicht leicht haben, doch ich traue ihr alles zu, sogar das Finale.

Bei Punktgleichstand in der Vorrunde müssen die Kandidatinnen auf eine Torwand schießen, um in die K.o.-Runde zu kommen.
In einem Einkaufszentrum habe ich das ausprobiert. Zusammen mit meinem elfjährigen Sohn, der natürlich Fußballfan ist, werde ich das noch ein wenig üben.

»Women Chess Cup 2006 zur Fußball-WM«: 6.-8. Juli in Dresden; Eröffnung am 6. Juli, 19 Uhr, auf Schloß Albrechtsberg mit Blitzmatches der Deutschen Damennationalmannschaft gegen Dresdner Prominentenauswahl. Beginn der Vorrundenspiele in 8 Vierergruppen ab 7. Juli, 10 Uhr, im Karstadt-Einkaufscenter (Restaurant). Finale am 8. Juli ab 17 Uhr. Informationen: www.chessbase.de

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