Naziszene verliert Treffpunkt

»Club 88« geschlossen

  • Dieter Hanisch, Neumünster
  • Lesedauer: 2 Min.

Der »Club 88« im schleswig-holsteinischen Neumünster ist Geschichte. Etwas mehr als 17 Jahre war er eine über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Anlaufstelle für die Neonaziszene. Nach zuletzt immer weniger Zuspruch kam nun Anfang des Jahres das stille, ja beinahe heimliche Ende. Entsprechende Anfragen zur Schließung bestätigte die Stadt inzwischen offiziell.

Die Gaststättenkonzession für die Mini-Kneipe im Stadtteil Gadeland wurde von Amts wegen eingezogen, weil die Kneipen-Betreiberin auf Anschreiben der Stadt zuletzt nicht reagierte. Informationsstand im Neumünsteraner Rathaus ist, dass der entsprechende Mietvertrag bereits Ende Januar gekündigt und dazu der Strom abbestellt wurde. Auch die Schlüssel sollen mittlerweile zurückgegeben worden sein. Seit mehreren Wochen schon war der Namensschriftzug über dem Eingang bereits nicht mehr zu lesen.

Das bisherige »Club 88« Klientel scheint nun die »Titanic« in Bahnhofsnähe anzusteuern. Das Lokal versucht mit Schlagerabenden unter Mithilfe einer Kaltenkirchener Künstleragentur, regelmäßigen Dart-Events und Preisskat-Einladungen eine biedere Außendarstellung zu liefern. Dass auch führende NPD-Kader dort verkehrten, der NPD-Barde Frank Rennicke dort auftrat und auch immer wieder gewaltbereite Rocker in dem Lokal anzutreffen sind, hängt der Wirt dagegen nicht an die große Glocke.

In den letzten Jahren wurde der »Club 88« trotz finanziellem Verlustgeschäft vor allem aus symbolischen Gründen seitens der rechten Szene als einer der ältesten deutschen Neonazi-Läden aufrechterhalten. Geld war dort schon immer Mangelware. Daher gab es CD-Unterstützungssampler mit diversen Rechtsrockbands. Immer Anfang Oktober wurde üblicherweise überregional mobilisiert, um den »Club-Geburtstag« zu feiern. Das blieb bereits im vergangenen Jahr aus. Im November 2013 tauchte beispielsweise auf der Homepage der Brandenburger Band Exzess noch der Hinweis auf eine abermalige Solidaritäts-CD auf. Die hat bis jetzt jedoch nie das Licht der Welt erblickt. Zwischenzeitlich wurde der »Club 88«, der für die Lokalität selbst die Losung »The very last resort« ausgab, auch von Bandidos-Rockern frequentiert.

Diese Liaison hatte wohl unter anderem mit dem Neonazi Peter Borchert zu tun, der sowohl Club-Strukturen aufrecht erhielt wie auch zu einem der gefährlichsten Bandidos-Handlanger wurde. Zuletzt saß dieser zum wiederholten Mal in Haft, wird aber demnächst wohl auf freien Fuß gesetzt.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.