Brüssel will Sonne & Co. auf den Markt bringen
68 Branchen bleiben bei Ökostromumlage privilegiert
Manch ein energieintensives Unternehmen dürfte sich am Dienstag zu früh gefreut haben, als Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) den Erhalt der Industrierabatte bei der Ökostromumlage zusicherte. Denn am Mittwoch verabschiedete die EU-Kommission neue Leitlinien zu Staatsbeihilfen im Umwelt- und Energiesektor. Die segnen zwar grundsätzlich die Subventionen für die Stromfresser ab, doch alle alten Vergünstigungen fallen nicht darunter. Zudem sollen die Leitlinien auch rückwirkend auf die letzten zwei Jahre angewandt werden. »Der Teil, der damit nicht vereinbar ist, wird zurückgefordert werden«, erklärte dazu EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia in Brüssel.
Bereits im Dezember hatte die Kommission ein Beihilfeverfahren gegen Deutschland eingeleitet, weil sie die Industrievergünstigungen bei der Ökostromumlage als unerlaubte Subventionen ansieht. Doch will die Kommission mit den neuen Richtlinien nicht nur diese Rabatte reglementieren, sondern in der EU die gesamte Energie- und Ökostrompolitik neu ausrichten. So enthalten die Leitlinien unter anderem auch neue Regeln für die Förderung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen. Eins regelt Brüssel jedoch auch in Zukunft nicht eindeutig: Über etwaige Hilfen der Mitgliedsstaaten für den Bau neuer Atomkraftwerke will die Kommission je nach Einzelfall entscheiden.
»Es ist an der Zeit, dass erneuerbare Energien am Marktgeschehen teilnehmen«, sagte Almunia. Ähnlich wie die Bundesregierung will er weg von festen Einspeisevergütungen für Strom aus regenerativen Energiequellen. Diese sollen schrittweise durch Einspeiseprämien ersetzt werden. Auch will die Kommission, dass staatliche Förderungen durch Ausschreibeverfahren zugeteilt werden. Kleine Ökostromanlagen bleiben jedoch von diesen Pflichten zunächst befreit.
Zwar kann auf das eine oder andere Unternehmen eine Nachforderung zukommen, weil es nach Ansicht der EU-Kommission ungerechtfertigterweise von der Ökostromumlage befreit wurde. Doch freut sich die energieintensive Industrie, dass die EU-Kommission 68 Branchen die Rabatte bei der Ökostromförderung zusicherte. »Dadurch kann die deutsche Industrie auch in Zukunft als Zugmaschine der europäischen Konjunktur dienen«, sagte der Sprecher der Energieintensiven Industrien in Deutschland, Utz Tillmann.
Für die Umweltorganisationen jedoch dominieren damit die Indus- trieinteressen die EU-Politik. »Die EU-Kommission torpediert mit dem neuen Beihilferecht den Ausbau erneuerbarer Energien, die Energiewende und mehr Klimaschutz in Deutschland und Europa«, erklärte etwa die Energieexpertin Daniela Setton vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. (BUND). Ähnlich sieht es die energiepolitische Sprecherin der LINKEN im Bundestag, Eva Bulling-Schröter: »Im Ergebnis ist der Beihilferahmen nicht zukunftstauglich. Er geht gleichermaßen zu Lasten von Energiewende und Verbrauchern.« Berlin habe erfolgreich lobbyiert.
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