Einwohnerantrag gegen Schließung
An diesem Freitag werden Unterschriften gegen die »Verlagerung« der Bona-Peiser-Bibliothek übergeben
»Die Grünen sind päpstlicher als der Papst, was das Sparen anbelangt«, sagt Marianne Hopfer aus Kreuzberg. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ist eine Hochburg der Grünen - und der Anlass für die Klage über die grüne Sparwut ist die drohende Schließung der Bona-Peiser-Bibliothek. Im Februar wurde bekannt, dass die Stadtteilbibliothek in der Oranienstraße zum September 2014 geschlossen werden soll. Schon wird den Benutzern von den Mitarbeitern gesagt, dass hier in wenigen Monaten die Türen dicht sind.
Der Grund für die Schließung, die von offizieller Seite freilich nicht so, sondern »Verlagerung des Bibliotheksstandortes« genannt wird, ist ein vom rot-schwarzen Berliner Senat geforderter Personalabbau. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg muss insgesamt 138 Stellen sparen. Von diesen sollen 4,69 Vollzeitäquivalente und eine Altersteilzeitstelle im Bereich Bibliotheken eingespart werden. Auf die 1964 gegründete Stadtteilbibliothek, die nach der ersten hauptberuflichen Bibliothekarin Deutschlands, Bona Peiser, benannt ist, entfallen zurzeit 3,8 Vollzeitäquivalente. Zusätzlich zu den Stellen fallen auch etwa 30 000 Euro an Miete und Betriebskosten weg. Der Bestand soll in die Pablo-Neruda-Bibliothek in der Frankfurter Allee eingegliedert werden.
Die 71-jährige Marianne Hopfer nennt diese Politik »nur noch die Verwaltung von Armut« - und wehrt sich sich gegen die geplante Schließung der öffentlichen Bibliothek, die in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnung liegt. Gemeinsam mit der ehemaligen Leiterin der Bona-Peiser-Bibliothek, Frauke Mahrt-Thomsen, initiierte sie eine entsprechenden Bürgerinitiative. Ihr Ziel: die Sammlung von mindestens 1000 Unterschriften. Diese Zahl wird für den Einwohnerantrag benötigt - und zwar bis zu diesem Freitag. Wenn das Quorum erreicht ist, muss sich die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) mit dem Antrag der Bürgerinitiative beschäftigen.
Hopfer ist »guten Mutes«, dass dies klappt. Bis dato habe man bereits mehr als 3000 Unterschriften gesammelt. Das müsse reichen, um die nötige Anzahl von Leuten mit Hauptwohnsitz im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg zu haben. »Ich renne offene Türen beim Unterschriftensammeln ein, auch bei Geschäften«, sagt sie. Unterstützung kommt auch von anwohnenden Kulturschaffenden und lokalen Initiativen. In einem Ende März verbreiteten Appell heißt es: »Weil das Lesen zum Wohnen gehört, das Wissen zur Bildung, das Buch zur Kindheit, das Hörspiel zum Altern und der selbständige Gang in die Bibliothek zum Aufwachsen, braucht ein Wohnviertel eine Bibliothek.«
Die Schließung der Bona-Peiser-Bibliothek fügt sich ein in eine seit den 1990er Jahren anhaltende Reduzierung von Bibliotheksstandorten in Berlin. Während es 1993 noch 192 Bezirksbibliotheken gab, waren es 2009 nur noch 85, davon zwölf Nebenstellen. Derzeit ist noch eine weitere Berliner Stadtteilbibliothek bedroht: die Johannes-Bobrowski-Bibliothek im Stadtteil Friedrichshagen des Bezirks Treptow-Köpenick. Zusammen mit der in Kreuzberg wurde sie vom Deutschen Kulturrat im März auf die Rote Liste bedrohter Kultureinrichtungen aufgenommen. Auch in Friedrichshagen gibt es Proteste gegen die Schließung. Die Aufgabe von Bibliotheken ist auch deshalb problematisch, weil sie als Bildungseinrichtungen in sogenannten bildungsfernen Kiezen zum Abbau von sozialen Ungleichheiten betragen könnten. Die derzeitige Bibliothekspolitik indes fördert eher Standorte, die ein bildungsnahes Klientel versorgt.
Marianne Hopfer schreibt neben der Sammlung von Unterschriften derzeit noch Briefe an Politiker, um sie als Schirmherren für ihre Kiezbibliothek zu gewinnen. Auch über Mahnwachen und Aktionen mit Kitas und Schulen denkt sie nach. Ein wenig Zeit ist noch bis zum 7. Mai. An diesem Tag wird voraussichtlich in der BVV-Sitzung von Friedrichshain-Kreuzberg über den Einwohnerantrag ihrer Initiative abgestimmt werden.
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