Vor dem Vierer-Treffen: Putin ruft Obama an
Moskau weist erneut Beteiligung an Vorgängen in der Ostukraine zurück / Timoschenko fordert »direkte militärische Hilfe« - Washington schloss das aus
Berlin. Kurz vor dem für Donnerstag geplanten Krisentreffen haben Russlands Präsident Wladimir Putin und sein US-Kollege Barack Obama über die Lage in der Ostukraine beraten. Nach Angaben des Weißen Hauses äußerte sich Obama in dem Telefonat mit Putin am Montagabend sehr besorgt darüber, dass die Regierung in Moskau die prorussischen Separatisten im Osten der Ukraine unterstütze. Putin bestritt dem Kreml zufolge eine Einmischung. Dies seien Spekulationen, die auf ungenauen Informationen beruhten, sagte er dem Kreml zufolge in dem Telefonat mit Obama. Grund für die Proteste in den dortigen Städten seien der »Widerwille und die Unfähigkeit« der Kiewer Behörden, die Interessen der russischen und russischsprachigen Bevölkerung zu berücksichtigen. Putin rief demnach seinerseits Obama auf, dieser müsse seinen Einfluss in dem Land geltend machen, um ein Blutvergießen und den Einsatz von Gewalt zu verhindern.
Nach Angaben des US-Präsidialamtes kam das Telefonat auf Bitten der russischen Regierung zustande. Obama forderte demnach, dass alle irregulären Kräfte in der Ukraine ihre Waffen abgeben müssten. Er rief Putin auf, darauf hinzuwirken, dass die Separatisten die von ihnen besetzten Häuser in mehreren Städten wieder verließen. Zugleich mahnte er, Russland müsse unter anderem die militärischen Einschüchterungen im Grenzgebiet zur Ukraine beenden. Ansonsten drohe dies, die Genfer Gespräche zu torpedieren. Die USA haben Russland mehrfach beschuldigt, in dessen Nachbarland politische Unruhen zu befeuern. Auch die Bundesregierung hat nach eigenen Angaben Anhaltspunkte dafür, dass Russland bewaffnete Gruppen in der Ostukraine unterstützt
Die ukrainische Übergangsregierung bekommt die Lage im russisch geprägten Osten des Landes seit Tagen nicht in den Griff. Interimspräsident Alexander Turtschinow sendete am Montag widersprüchliche Signale. Nach einem wirkungslos verhallten Ultimatum an die prorussischen Aktivisten bot er eine Volksabstimmung über eine Föderalisierung des Landes an. Diese könnte zeitgleich mit der Präsidentenwahl am 25. Mai stattfinden. Zugleich unterzeichnete er einen Befehl für einen Spezialeinsatz im Osten des Landes. Was dies konkret bedeutet, blieb zunächst unklar.
Für Donnerstag sind in Genf Gespräche zwischen Russland, den USA, der Ukraine und der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton geplant. Ausgelotet werden sollen Möglichkeiten für eine friedliche Lösung des Konflikts. Die EU-Außenminister beschlossen derweil eine Ausweitung der bislang wegen der Krise verhängten Sanktionen. Die ukrainische Präsidentenkandidatin Julia Timoschenko forderte die internationale Gemeinschaft zu »direkter militärischer Hilfe« auf. Dies schloss die US-Regierung am Montag aus.
Die Europäische Union, die im Einklang mit Washington Russland die Schuld an der instabilen Lage in der Ukraine gibt, wird aber möglicherweise bereits kommende Woche umfassende Wirtschaftssanktionen gegen Russland beschließen. Am Montag einigten sich die EU-Außenminister bereits darauf, die Liste der von Kontensperrungen und Einreiseverboten Betroffenen auf weitere Personen auszuweiten. Bisher hat die Europäische Union 33 Russen und Ukrainer mit solchen Strafmaßnahmen belegt.
Die Außenminister der 28 EU-Länder gaben zudem Finanzhilfen in Höhe von einer Milliarde Euro für die vom Staatsbankrott bedrohte Ukraine frei und stimmten einer Streichung fast sämtlicher Zölle für Waren aus dem Land zu. Damit soll die Ukraine stabilisiert werden. Auch US-Finanzminister Jacob Lew unterzeichnete einen Hilfskredit in Höhe von einer Milliarde Dollar (725 Millionen Euro). Der Internationale Währungsfonds (IWF) will in den kommenden Wochen über Milliardenhilfen für die Ukraine entscheiden. dpa/nd
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.