Beste Kasse, nicht für Mitarbeiter

Warnstreik bei der Barmer GEK legt Geschäftsstellen der zweitgrößten Krankenkasse lahm

  • Silvia Ottow
  • Lesedauer: 3 Min.
Wegen Warnstreiks blieben gestern einige Geschäftsstellen der Barmer GEK zu. Ver.di hatte die Mitarbeiter der Krankenkasse aufgerufen, ihren Gehaltsforderungen Nachdruck zu verleihen.

Die Krankenkassen kommen nicht zur Ruhe. Erst vor wenigen Wochen hatte sich die Barmer GEK heftiger Vorwürfe erwehren müssen, weil sie angekündigt hatte, Filialen zu schließen und Mitarbeiter zu entlassen. Dabei hatte die zweitgrößte gesetzlichen Krankenkasse eigentlich nur das getan, was Techniker Krankenkasse oder DAK bereits vorgemacht hatten - allerdings ohne Ankündigung. Alle Krankenkassen sind derzeit schwer auf der Hut vor steigenden Ausgaben, die im nächsten Jahr zu Zusatzbeiträgen und damit zum Mitgliederverlust führen könnten.

Gestern waren nun 15 000 Mitarbeiter der Krankenkasse zum bundesweiten Warnstreik aufgerufen. Geschäftsstellen blieben geschlossen. Die Gewerkschaft fordert Gehaltssteigerungen von 5,2 Prozent. Der Arbeitgeber hatten eine Erhöhung um 2,5 Prozent zum 1. April 2014 sowie ein weiteres Prozent ab Juli 2015 angeboten. Dies lehnt ver.di als unzureichend ab. Auf die Gesamtlaufzeit von zwei Jahren gerechnet, käme gerade einmal eine Erhöhung von 1,75 Prozent heraus, heißt es als Begründung in einer Mitteilung von Jürgen Dehnert, ver.di Rheinland-Pfalz-Saarland. Am Mittwoch machen sich 250 Beschäftigte der Barmer GEK mit Bussen aus Mainz, Koblenz, Ludwigshafen und Trier auf den Weg in die Hauptverwaltung der Barmer GEK in der Gottlieb-Daimler-Straße 19 in Schwäbisch Gmünd, um hier für höhere Gehälter zu demonstrieren.

800 Barmer-Demonstranten hatten sich bereits am Dienstag zu einer Kundgebung in der Hauptstadt versammelt. Sie kamen aus Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen und trugen T-Shirts mit der Aufschrift »Wir sind es wert«. Für Andreas Stoll, ver.di-Landesfachbereichsleiter für Sozialversicherung, war das ein guter Auftakt für die Mobilisierung der Barmer-Beschäftigten. Er zitiert einen Redner, der den Willen der Krankenkassenmitarbeiter bekräftigte, sich nicht mit geringfügigen Gehaltserhöhungen abspeisen zu lassen - ganz nach dem Motto: »Wer weiß, ob wir Euch morgen überhaupt noch brauchen.« Es gehe um Arbeitsplätze und die Wertschätzung der Mitarbeiter, so Stoll.

Auch die Gegenseite ist einen Tag vor der Fortsetzung der Tarifverhandlungen in Schwäbisch Gmünd optimistisch. Nach diesem Warnstreiktag sei man zuversichtlich, dass die Gespräche mit einem guten Ergebnis beendet werden könnten, sagt Barmer-Sprecher Thorsten Jacob.

Die Barmer GEK ist eine von sieben Ersatzkassen der Gesetzlichen Krankenversicherung und war bis vor Kurzem die größte gesetzliche Krankenkasse Deutschlands. Mit rund 8,7 Millionen Versicherten ist sie derzeit nach der Techniker Krankenkasse an die zweite Stelle gerückt. Sie ist Mitglied im Verband der Ersatzkassen, wurde 1884 gegründet und fusionierte zum 1. Januar 2010 mit der ebenso traditionsreichen, 135 Jahre alten Gmünder Ersatzkasse. Gerade in diesen Tagen erhielt sie die Auszeichnung »Beste Krankenkasse für Familien« - ein Ergebnis der jüngsten Krankenkassen-Studie des Wirtschaftsmagazins »Focus-Money«. Das testet regelmäßig Krankenkassen und bewertet sie. Die Barmer gehört demnach zu den Top-Kassen, vor allem was zusätzliche Leistungen und den Service angeht.

Vorstand Jürgen Rothmaier sieht in dieser Bewertung eine Bestätigung für die Anstrengungen, sowohl im Kundenservice als auch im Leistungsangebot Maßstäbe zu setzen. »Unabhängige Krankenkassenvergleiche bestätigen immer wieder unsere hohe Leistungs- und Servicequalität. Aufbauend auf dem positiven Abschneiden werden wir die Barmer GEK auch zukünftig konsequent an den Wünschen und Ansprüchen unserer Versicherten ausrichten«, verspricht er, als habe es nie die Ankündigung gegeben, die Hälfte der bundesweit 800 Geschäftsstellen zu schließen. Als das im Februar bekannt geworden war, hatten Beschäftigte und Sozialverbände umgehend protestiert, weil der Service für Kranke und behinderte Menschen dadurch deutlich schlechter würde und 4500 Menschen ihre Arbeit verlieren könnten.

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