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Gegner des Tagebaus verkohlt
Beobachter bezeichneten Sitzung des Braunkohleausschusses zu Welzow-Süd II als Farce
Im Grunde hatte niemand etwas anderes erwartet: Der Braunkohleausschuss entschied am späten Montagnachmittag in öffentlicher Sitzung in der Messe Cottbus zugunsten des Tagebaus Welzow-Süd II. Das schien spätestens am Morgen klar, als eine Vertagung mit 16 zu 7 Stimmen abgelehnt wurde. »Das wird auch das Ergebnis am Abend sein«, hatte da Kohlegegner Falk Hermenau gemeint, der vor der Messe Plakate verteilte. Der fraktionslose Landtagsabgeordnete Gerd-Rüdiger Hoffmann hatte das letztendliche Abstimmungsergebnis sogar punktgenau vorhergesagt. »Die Mehrheiten stehen doch fest«, bedauerte er und bezeichneten die Ausschusssitzung wie andere auch als »Farce«.
Das rot-rote Kabinett muss dem Ausschussvotum noch zustimmen, was vor der Sommerpause geschehen soll. Bevor die Bagger rollen dürfen, braucht Vattenfall dann noch einen genehmigten Hauptbetriebsplan für den Tagebau. Zwei betroffene Agrarunternehmen, denen die Wegnahme ihrer Felder droht, werden ganz sicher Klage einreichen.
Dass sich die LINKE (wohlgemerkt die Führung, nicht die Basis) kleinlaut auf diese juristische Möglichkeit zurückziehe, kritisiert der Abgeordnete Hoffmann, der zwar seit vier Jahren nicht mehr der Linksfraktion angehört, jedoch weiterhin der Linkspartei. »Wozu dann eigentlich noch Parteien?«, fragt Hoffmann. »Reichen dann nicht Botschaftsmanager, Kassenwarte und Justiziare zur Meinungsbildung und zum Regieren?«
Eigentlich will die LINKE den Ausstieg aus der Braunkohleverstromung bis zum Jahr 2040. So stand es in ihrem Programm für die Landtagswahl 2009. Die SPD stellte sich in den Koalitionsverhandlungen jedoch stur. Möglicherweise wird auch im Wahlprogramm der Sozialisten für die Landtagswahl am 14. September 2014 wieder etwas von einem Ausstieg bis 2040 zu finden sein. Für diesen Dienstag, 18 Uhr, sind die Landesarbeitsgemeinschaft Umwelt und die Teilnehmer der Wahlprogrammwerkstatt zu einer Besprechung über diese Passage eingeladen. Im Beisein von Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (LINKE) soll das Treffen im Landtag stattfinden. Am Montag argumentierte der Wirtschaftsminister im Braunkohleausschuss, auf den Rohstoff könne noch nicht verzichtet werden. Christoffers gehört in seiner Partei zu einer Minderheit, die neue Tagebaue befürworten. Bereits in der vergangenen Woche wollte Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD) einen Vertrag mit Vattenfall verbindlich unterschreiben, der die sozialverträgliche Umsiedlung regeln soll. Immerhin dies konnte die LINKE unterbinden. Das Vorhaben, das »weder im Kabinett noch in anderer Weise mit unseren Ministern abgestimmt« gewesen sei, wäre eine »grobe Missachtung des Braunkohleausschusses« gewesen, formulierte die stellvertretende Landesvorsitzende Gerlinde Krahnert in einem internen Schreiben an ihre Genossen.
Nicht allein Klimaschützer wehren sich gegen die Erweiterung des bereits bestehenden Tagebaus Welzow-Süd. Die Einwohner eines Wohngebiets der Stadt Welzow und des eingemeindeten Dorfes Proschim - insgesamt rund 800 Menschen - müssen umgesiedelt werden, damit der Energiekonzern Vattenfall an die 200 Millionen Tonnen Braunkohle heran gelangt, die er in der Gegend fördern möchte.
Tagebaugegner protestierten am Montagmorgen vor der Messe Cottbus. Die Gegenseite - um ihre Jobs besorgte Kollegen der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie - waren schon seit der Nacht dort und deutlich in der Überzahl. Mindestens drei Mal so viele seien es gewesen, schätzte Kohlegegner Hermenau. Kein Wunder! Vattenfall gebe den Mitarbeitern extra für die Kundgebung frei.
Drin im Saal fand der Abgeordnete Hoffmann nur deshalb noch einen Stuhl, weil ihm Parlamentskollegin Monika Schulz-Höpfner von der CDU diesen Platz freigehalten hatte. Draußen hatte man Hoffmann vorher bedeutet, er brauche gar nicht erst hineinzugehen. Es seien sowieso alle Sitze von Vattenfall-Lehrlingen besetzt. Schulz-Höpfner wohnt in Atterwasch. Dieses Dorf soll dem ebenfalls geplanten Tagebau Jänschwalde-Nord weichen. Die Politikerin stemmt sich anders als ihre CDU dagegen.
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