Nach Gauck-Kritik: Erdogan keilt zurück
Türkischer Ministerpräsident wirft Bundespräsident Einmischung vor: »Er hält sich wohl immer noch für einen Pastor«
Istanbul. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat Bundespräsident Joachim Gauck scharf angegriffen. Erdogan warf Gauck am Dienstag vor, sich mit seiner Kritik an Demokratie-Defiziten in die inneren Angelegenheiten der Türkei eingemischt zu haben. Gaucks Verhalten sei »einem Staatsmann nicht angemessen« gewesen, sagte Erdogan in Ankara. »Er hält sich wohl immer noch für einen Pastor, er war ja mal einer«, sagte der Premier in Anspielung auf Gaucks früheres Amt als protestantischer Geistlicher.
In einer live vom Fernsehen übertragenen Rede vor der Parlamentsfraktion seiner Regierungspartei AKP in Ankara sprach Erdogan über sein zweistündiges Treffen mit Gauck am Montag. Dabei habe der Bundespräsident Dinge gesagt, die ihm offenbar in Deutschland eingeflüstert worden seien. Obwohl die türkische Seite diese Fehlinformationen mit »konkreten Beispielen« entkräftet habe, sei der Bundespräsident hingegangen und habe dieselben Dinge öffentlich gesagt. Erdogan sagte zu Gaucks Vergangenheit als Geistlicher: »Aus diesem Verständnis heraus schaut er auf die Dinge. Das geht nicht. Das ist hässlich.«
Gauck hatte bei seinem Türkei-Besuch am Montag vor Gefahren für die Demokratie durch Einschränkungen von Meinungs- und Pressefreiheit sowie Eingriffe in die Gewaltenteilung gewarnt. In einer Rede vor der Technischen Universität des Nahen Ostens (ODTÜ) in Ankara zeigte sich Gauck besorgt über ein neues Gesetz, das dem türkischen Geheimdienst mehr Macht gibt, sowie über das gewaltsame Vorgehen gegen Straßenproteste in den vergangenen Monaten. Er kritisierte zudem Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit durch das Verbot der Internetdienste Twitter und YouTube sowie durch die Entlassung kritischer Journalisten.
Aus der Türkei gebe Stimmen »der Enttäsuchung, der Verbitterung und Empörung über einen Führungsstil, der vielen als Gefährdung für die Demokratie erscheint«, sagte Gauck. Auch Probleme beim Minderheitenschutz sprach er an: »Niemandem darf sein Lebensstil aufgezwungen, niemand an der öffentlichen Ausübung seiner Religion gehindert werden.« Erdogan wies dies zurück: Alle Bürger in der Türkei könnten in ihrer ganzen Vielfalt frei leben. »Eine Einmischung in unsere inneren Angelegenheiten nehmen wir nicht hin«, sagte der türkische Premier. AFP/nd
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